Frank-Michael Goebel, Claudia Wagener-Neef
Rz. 30
Werden die unter Nr. 7000 Nr. 1d) VV RVG genannten Kopien und Ausdrucke als elektronisch gespeicherte Dateien überlassen, kann der RA für jede Datei einen Betrag von 1,50 EUR geltend machen. Sofern die elektronisch bereitgestellten oder auf denselben Datenträger übertragenen Dokumente in einem Arbeitsgang überlassen werden, kann der RA höchstens einen Betrag von 5,00 EUR beanspruchen (Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG).
Bevor der Auslagenersatzanspruch der Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG bejaht werden kann, ist zu prüfen, ob die Überlassung oder Bereitstellung des elektronischen Dokumentes im Einverständnis mit dem Auftraggeber zusätzlich, auch zur Unterrichtung Dritter, erfolgte. Ist das Ergebnis der Prüfung, dass die Überlassung oder Bereitstellung des elektronischen Dokumentes nicht i.S.v. Nr. 7000 Nr. 1d) VV RVG erfolgte, kann der RA hierfür keine besondere Auslagenerstattung erfahren.
Rz. 31
Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG stellt auf Dateien ab. In der Literatur findet sich zu Recht die Kritik, dass der in der Vorschrift genannte Begriff der "elektronisch gespeicherten Datei" zu unbestimmt ist. Im Allgemeinen ist darunter ein systematisierter bzw. zweckmäßig geordneter, zur Aufbewahrung geeigneter Bestand zusammengehörender Daten zu verstehen, die auf Datenträger gespeichert werden können. Es obliegt der Ermessensentscheidung des RA, ob mehrere Dokumente zu einer Datei zusammengefasst werden. Grundsätzlich gilt, dass pro Schriftsatz eine Datei erstellt und als solche gewertet werden kann.
Rz. 32
Hinweis
Damit der jeweilige Schriftsatz als einzelne Datei i.S.v. Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG gewertet werden kann, sollte der RA vermeiden, mehrere Schriftsätze in einer Datei zusammenzufassen und sie dann z.B. mit "Schriftsätze i.S. Müller ./. Meier" bezeichnen. Bei einer solchen Vorgehensweise würden dem RA nur einmal 1,50 EUR zustehen, auch wenn eine Vielzahl von Schriftstücken übertragen wurde.
Rz. 33
Befinden sich mehrere Schriftstücke in einem Ordner, bedeutet dies nicht, dass nur eine Datei existiert. Unterschiedliche Auffassungen liegen bei der Bewertung einer ZIP-Datei vor im Hinblick darauf, ob es sich um eine oder mehrere Dateien handelt. Eine Meinung vertritt die Auffassung, dass physikalisch nur eine Datei versandt wird. Nach anderer Auffassung kommt es auf die in der ZIP-Datei enthaltenen Dateien kann. Der zuletzt genannten Meinung ist zuzustimmen, da eine ZIP-Datei den Charakter eines Ordners oder Containers hat und die dort gesammelten Dokumente entpackt werden müssen, um die einzelnen Schriftstücke anzusehen. Da Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG nicht auf Dateiordner oder Dateizusammenschlüsse, sondern auf einzelne Dateien abstellt, sind die in einer ZIP-Datei enthaltenen Dokumente als einzelne Dateien mit je 1,50 EUR bzw. aufgrund der Kappungsgrenze mit 5,00 EUR insgesamt zu berücksichtigen.
Rz. 34
Wie bereits zuvor erwähnt, ist die Kappungsgrenze von 5,00 EUR gem. Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG zu beachten, wenn mehrere Dateien in einem Arbeitsgang überlassen oder bereitgestellt werden. Ob die Dateien in einem oder mehreren Arbeitsgängen überlassen werden können, liegt grundsätzlich im Ermessen des RA, wobei darauf abzustellen ist, wie sich ein vernünftiger und verständiger RA verhalten würde. Dabei ist auch zu berücksichtigen, welche Datenmengen übersandt oder empfangen werden können. Ab einer gewissen Größe ist eine grundsätzlich sinnvolle gemeinsame Übermittlung mehrerer Dateien nicht mehr möglich. Sendet der RA z.B. auf Bitten des Mandanten einem Dritten mit einer E-Mail vier Schriftstücke, kommt die Kappungsgrenze von 5,00 EUR zum Tragen, da vier Dateien à 1,50 EUR, mithin 6,00 EUR, den Höchstwert überschreiten. Muss dagegen aufgrund der Größe der Einzeldatei die Übermittlung mit vier Emails erfolgen, kommt die Kappungsgrenze nicht zum Tragen.
Rz. 35
Es ist irrelevant, ob der RA die Datei selbst erstellt hat oder nicht. Entsprechend dem Gesetzestext kommt es darauf an, dass der RA die Datei überlassen oder bereitgestellt hat. Eine Überlassung von Dateien kann durch die Übergabe oder Versendung auf einem Speicherträger, wie z.B. Diskette, CD, DVD oder Datenstick, oder auch durch Übersendung via E-Mail erfolgen.
Rz. 36
Beispiel
RA sendet auf Wunsch des Mandanten nicht nur diesem einen Schriftsatz zu, sondern per E-Mail auch der Rechtsschutzversicherung. Für die Überlassung des Schreibens als eine Datei steht dem RA die Dokumentenpauschale in Höhe von jeweils 1,50 EUR zu.
Rz. 37
Unter Bereitstellen zum Abruf einer Datei ist zu verstehen, dass die Datei für den Berechtigten zum Download bereit steht. Das kann auch in einem Mandantenportal geschehen. Gerade hier werden immer wieder hohe Investitionen getätigt, ohne die Option der Auslagenerstattung und damit Refinanzierung zu nutzen. In Zukunft wird dieser Art der Datenübermittlung eine immer größere Rolle zukommen. Es ist deshalb rentierlich, sich mit den Prozessen auseinanderzusetzen und den Mitarbeitern Arbeitsanweisungen zur kostenrechtlichen Behandlung zu erteilen.
Rz. 38
In Zeiten, i...