Rz. 4

Bei der erbrechtlichen Gestaltung handelt es sich für den Anwalt um ein Mandat, bei dem er oftmals im Wettbewerb zu anderen Berufsgruppen, insbesondere Notaren und Steuerberatern, steht. Dass Testamente nicht selten auch durch den Steuerberater entworfen werden liegt nicht zuletzt daran, dass der Steuerberater die Vermögensverhältnisse seines Mandanten gut kennt und als "Dauerberater" für ihn tätig ist. Inwieweit Steuerberatern diese Tätigkeit gestattet ist, bedarf allerdings noch einer abschließenden Klärung durch die Rechtsprechung.[1] Jedenfalls bei dem Entwerfen komplexer Testamente, bei denen auch andere als steuerrechtliche Aspekte zu berücksichtigen sind, dürfte die Grenze des einem Steuerberater nach dem RDG Erlaubten überschritten sein.[2]

 

Rz. 5

Das beschriebene Konkurrenzverhältnis bedeutet nicht, dass der Anwalt allein und ausschließlich als erbrechtlicher Gestalter tätig werden soll, vielmehr ist von Seiten der Anwaltschaft die Zusammenarbeit gerade mit einem Steuerberater zu suchen, sofern der Anwalt nicht selbst über entsprechende Kenntnisse verfügt. Regelmäßig treten nämlich bei der Gestaltung einer Verfügung von Todes wegen bzw. bei lebzeitigen Vermögensübertragungen erbschaft-, schenkung- und/oder ertragsteuerliche Probleme auf.

 

Rz. 6

Ziel einer umfassenden und guten Gestaltung ist es, ggf. in Zusammenarbeit mit einem weiteren steuerlichen Berater, für den Mandanten den optimalen Vermögenstransfer zu erreichen.

 

Rz. 7

Aus Sicht des Mandanten können sich bei der Gestaltung durch den Anwalt erhebliche Vorteile ergeben. So erfolgt die Beratung durch den Anwalt regelmäßig intensiver und umfassender als durch den Notar. Zudem ist der Anwalt – anders als bspw. der Notar – im außergerichtlichen Bereich gemäß § 4 Abs. 1 RVG nicht an die Gebührenordnung gebunden, er kann vielmehr mit dem Mandanten ein individuelles Honorar vereinbaren. Dies ist gerade bei jüngeren Mandanten, bei denen sich das Testament noch häufiger ändern wird, nicht unerheblich. Hier kann auch der Anwalt seine Dienstleistungsbereitschaft und sein Dienstleistungsangebot erweitern, indem er dem Mandanten eine Testamentsnachsorge, bspw. bei Gesetzesänderungen oder bei Änderungen des Vermögens des Mandanten, anbietet.

 

Rz. 8

 

Hinweis

Bei älteren Mandanten, bei denen sich die Familien- und Vermögensverhältnisse und somit auch das Testament voraussichtlich nicht mehr wesentlich ändern werden, bietet es sich oftmals an, eine testamentarische Verfügung notariell beurkunden zu lassen. Ein Vorteil ist, dass die Erben später in der Regel keinen Erbschein benötigen, wenn sie ein notarielles Testament und das dazugehörige Eröffnungsprotokoll bspw. beim Grundbuchamt für die Umschreibung von Nachlassgrundstücken vorlegen können. Auch gegenüber Banken reicht dies in der Regel für die Auflösung der Erblasserkonten aus.[3] Als Nachteil der notariellen Beurkundung ist anzuführen, dass der Mandant neben den Anwaltskosten auch noch Notarkosten zu tragen hat, wohingegen die Kosten eines Erbscheins die späteren Erben treffen. Ferner ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Erbe sein Erbrecht nach Ansicht des BGH – von Sonderregelungen, wie etwa bei der Grundbuchumschreibung, abgesehen – auch durch Vorlage eines eigenhändigen Testamentes belegen kann, sofern sich daraus die Erbfolge hinreichend deutlich ergibt.[4]

[1] Vgl. Krenzler/Offermann-Burckart, Rechtsdienstleistungsgesetz, § 5 Rn 107; Henssler/Deckenbrock, DB 2008, 41, 43; Grunewald, ZEV 2008, 257, 259.
[2] Grunewald, ZEV 2008, 257, 259.
[3] BGH ZErb 2006, 29 mit Anmerkung Keim; OLG Hamm ZEV 2012, 678.

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