Rz. 675

Von der postmortalen Vollmacht zu unterscheiden ist die Vorsorgevollmacht.[754] Die Vorsorgevollmacht vermeidet im Falle der Betreuungsbedürftigkeit ein gerichtliches Eingreifen und eine Betreuung durch einen "unbekannten" Dritten (§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB).[755]

 

Rz. 676

Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht ist mit Blick auf die Selbstbestimmung und die Würde des Betroffenen im Falle seiner Betreuungsbedürftigkeit regelmäßig empfehlenswert. Neben einem vermögensrechtlichen Bereich umfasst sie auch die Gesundheitssorge. Der Vollmachtgeber kann in Kenntnis seines Umfelds seine Betreuung naturgemäß sachnäher gestalten als dies jemals durch die Bestellung eines Betreuers seitens des Gerichts erfolgen könnte. Der Vollmachtgeber kann seinen Vertreter völlig frei aussuchen und braucht nicht – wie bei der Betreuerbestellung nach § 1897 Abs. 5 BGB das Gericht – auf verwandtschaftliche Verhältnisse Rücksicht zu nehmen.

 

Rz. 677

Zwar besteht auch mittels Betreuungsverfügung i.S.v. § 1901c BGB die Möglichkeit, den Betreuer frei auszuwählen und eine zukünftige Versorgung zu gestalten, allerdings mit der Einschränkung, dass die getroffenen Anordnungen nicht dem Wohl des Betreuten zuwiderlaufen dürfen (§ 1897 Abs. 4 S. 1 BGB). Dies bedeutet de facto, dass der Betreute seine Anordnungen nicht durchsetzen kann bzw. diese nicht zu befolgen sind, wenn das Gericht bezüglich seines Wohls anderer Auffassung ist als er selbst.

 

Rz. 678

Auf der anderen Seite bringt die Erteilung einer Vorsorgevollmacht nicht unerhebliche Missbrauchsgefahren mit sich. Die Gefahren des Vollmachtsmissbrauchs oder der eigensüchtigen Vollmachtshandhabung können allerdings durch eine sinnvolle Gestaltung der Vollmacht und des Grundverhältnisses abgemildert werden.

[754] Kropp, FPR 2012, 9.
[755] LG Frankfurt FamRZ 1994, 125 zur Frage der Bestellung eines Kontrollbetreuers.

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