Rz. 97

Wenn in einem Prozess ein RA weder als Prozessbevollmächtigter oder als Verkehrsanwalt (Nr. 3400 VV RVG) noch als Terminsvertreter (Nrn. 3401, 3402 VV RVG) eingesetzt wird, dann verbleibt noch als weitere Möglichkeit, dass der RA in dem Prozess nur mit ganz bestimmten Einzeltätigkeiten (Nrn. 3403, 3404 VV RVG) beauftragt wird. Diese beiden Nummern des VV erfüllen also eine Funktion als "Lückenfüller".

 

Rz. 98

Voraussetzung ist, dass ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder anhängig gemacht werden soll und dass der RA in diesem Verfahren nur eine Einzeltätigkeit entfalten soll und deshalb keine Prozessvollmacht erhält. Da es um ein gerichtliches Verfahren geht, ist für solche Tätigkeiten auch keine Geschäftsgebühr zu berechnen.

So könnte z. B. ein RA damit beauftragt werden, in einem Prozess – den die Partei z. B. vor dem Amtsgericht selbst führt – nur die Kostenfestsetzung zu beantragen, den Rechtsmittelverzicht zu erklären oder ganz allgemein einen Schriftsatz anzufertigen, zu prüfen und zu unterzeichnen oder einzureichen. Der Auftrag kann sich jedoch nicht auf eine Terminswahrnehmung im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG erstrecken, da der RA dann Terminsvertreter wäre und eine Gebühr nach Nr. 3401 VV RVG erhielte.

 

Rz. 99

Die Gebühr für sonstige Einzeltätigkeiten kann also nur unter den folgenden Voraussetzungen entstehen:

Der RA darf nicht Prozessbevollmächtigter sein und auch nicht zum Verkehrsanwalt oder zum Terminsvertreter bestellt sein. Wenn der Prozessbevollmächtigte selbst einen Schriftsatz bei Gericht einreicht, dann ist dieser mit der pauschalen Betriebsgebühr für das Verfahren bereits abgegolten, also z. B. mit der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, sodass für die Anwendung der Nr. 3403 VV RVG kein Raum bleibt.
Da Nr. 3403 VV RVG in Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses steht, kann diese Vorschrift nur im Rahmen dieses Teils Anwendung finden. Es muss sich also um ein gerichtliches Verfahren im Sinne des Teils 3 handeln, in dem der nicht prozessbevollmächtigte RA auftragsgemäß eine bestimmte Einzeltätigkeit der in Nr. 3403 VV RVG genannten Art erledigt.
Überwiegend entsteht nach Nr. 3403 VV RVG die so genannte 0,8 Schriftsatzgebühr für die Einreichung, Anfertigung oder Unterzeichnung von Schriftsätzen. Es reicht völlig aus, wenn der RA den Schriftsatz entweder selbst anfertigt oder einen fremden Schriftsatz mit eigenem Begleitschreiben (also nicht nur als Bote!) bei Gericht einreicht oder wenn der RA einen fremden Schriftsatz nur unterzeichnet. In den beiden letztgenannten Fällen sieht es zwar so aus, als wenn der RA kaum Arbeit mit dem Schriftsatz hätte, jedoch trägt er sowohl beim Einreichen als auch beim Unterschreiben fremder Schriftsätze eine gewisse Verantwortung für das Schreiben – und dies wird durch Nr. 3403 VV RVG vergütet.
Die Gebühr nach Nr. 3403 VV RVG kann auch für die Wahrnehmung von gerichtlich angeordneten Terminen, die jedoch weder zu einer mündlichen Verhandlung noch zu einer Beweisaufnahme bestimmt sein dürfen, anfallen. So könnte z. B. ein RA nur als Beobachter an einem Termin teilnehmen, aber die Partei nicht in dem Verfahren vertreten.
 

Rz. 100

Für solcherart Tätigkeiten erhält der RA eine 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG; diese Gebühr wird auch als "Schriftsatzgebühr" bezeichnet. Andere Gebühren werden daneben nicht entstehen können. Übt jedoch der RA z. B. in einem Verfahren der Zwangsvollstreckung nur eine Einzeltätigkeit aus, so kann er dafür gemäß § 15 Abs. 6 RVG auch nur eine 0,3 Verfahrensgebühr erhalten; das gleiche gilt für andere Verfahren, in denen niedrigere Gebührensätze als 0,8 entstehen.

 

Rz. 101

Handelt es sich bei dem Schriftsatz auftragsgemäß um ein einfaches Schreiben, so erhält der RA hierfür eine 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3404 VV RVG. Solche einfachen Schreiben enthalten weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen. Sie können beispielsweise folgende Anträge beinhalten: Antrag auf erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, des Rechtskraft- oder Notfristzeugnisses oder auf Bestimmung der Zuständigkeit des Gerichts. Weitere Beispiele für solche Schreiben sind Benachrichtigungen, Beschleunigungsgesuche, Anträge auf Terminsverlegung und Anträge auf Erteilung von Ausfertigungen oder Kopien. Die Gebühr nach Nr. 3404 VV RVG entsteht für ein einziges einfaches Schreiben, mehrere solche Schreiben sollten unter Nr. 3403 RVG VV fallen.

 

Rz. 102

Diese Gebühren sind Pauschgebühren, die auch Vorbesprechungen und den Schriftwechsel mit dem Auftraggeber abgelten. Auch wenn der RA von vornherein damit beauftragt war, mehrere Schriftsätze zu fertigen, erwächst ihm die Verfahrensgebühr nach Nr. 3403 VV RVG in jedem Rechtszug nur einmal. Dies lässt sich schon daran erkennen, dass er nach dem Wortlaut der Anmerkung zur Vorschrift Nr. 3403 VV RVG die Gebühr für "sonstige Tätigkeiten in einem gerichtlichen Verfahren" erhält. So hat es auch der BGH entschieden, dass diese Gebühr nicht nur eine einzige be...

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