Rz. 33

Zur Erinnerung: In der Grundsatzentscheidung des BGH von 1981 hatte dieser ausdrücklich aufgezeigt, dass weitere Faktoren zu berücksichtigen sind – und zwar:

Dynamisierung wegen Gehaltserhöhungen,
Dynamisierung wegen Preissteigerungen,
Steuern auf die Zinsen (Abgeltungssteuer),
Verwaltungskosten des Kapitals.

Diese werden nachstehend zur Orientierung noch weitergehend erläutert.

a) Dynamisierung wegen Preissteigerungen

 

Rz. 34

Wie bereits erwähnt, muss diese Einmalkapitalabfindung zuzüglich des sich erzielbaren Zinsertrages für den Geschädigten ausreichen, dass er sich jeden Monat seinen Betrag entnimmt und am Ende der errechneten Laufzeit das Kapital vollständig aufgezehrt ist. Man muss also bei dem Zinssatz die Dynamisierung wegen Preissteigerungen berücksichtigen, da die Preise jedes Jahr steigen werden. Seit dem Zweiten Weltkrieg sind bis heute die Preise gestiegen und werden auch in Zukunft weiter steigen. Alle anderen Prognosen sind unrealistisch. Die jeweiligen Preissteigerungen/Indexsteigerungen sind anhand von einschlägigen Homepages zu recherchieren (u.a. https://de.statista.com, http://www.lawyerdb.de/Inflationsrechner.aspx, https://iv-roth.de/vpi-rechner).

b) Dynamisierung wegen Gehaltserhöhungen

 

Rz. 35

Anhand der Unterlagen der Arbeits- und Sozialstatistik vom Bundesministerium ergibt sich, dass die Gehälter in den letzten Jahren jährlich im Durchschnitt gestiegen sind. Dies zeigen u.a. die wiederholten Streikkämpfe in der Republik. Schaut man sich die Geschichte der Gewerkschaften und die entsprechenden Tarifabschlüsse an, so sind diesbezüglich ebenfalls Steigerungen in den letzten Jahren zu bemerken. Es gibt hierzu Statistiken und Auftragsarbeiten der Bundesregierung, die davon ausgehen, dass Lohnsteigerungen nominal von bis zu 3 % bis zum Jahre 2050 realistisch sind. Ferner kann festgestellt werden, dass in dem Moment, in dem die Wirtschaft sich positiv entwickelt, automatisch der Ruf der Gewerkschaften nach Lohn- und Gehaltserhöhungen ertönen wird. Also dürfen diese Gedanken nicht ignoriert werden. Von daher ist es nicht abwegig, ca. 1 % bis 2 % von dem Zinssatz abzuziehen, so dass selbst von dem 5 %igen Zinssatz des Versicherers nur noch 4 % oder 3 % übrig bleiben. In der Grundsatzentscheidung des BGH von 1981 hatte dieser ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es zu den Aufgaben des Tatrichters gehört, bei der Schätzung im Rahmen des § 287 ZPO alle maßgebenden Umstände in Betracht zu ziehen, wozu auch das Kriterium "Lohn- und Gehaltssteigerungen" zählt.

c) Abgeltungssteuer

 

Rz. 36

Bedenkt man ferner, dass die Zinsen, die der Geschädigte aus der Anlage des Geldes erhält, zu versteuern sind, d.h. der Staat verlangt derzeit pauschal 25 % Abgeltungssteuer, so sollte auch dieser Aspekt nochmals mit einem Abzug von ca. 1 % berücksichtigt werden.

d) Verwaltungskosten des Kapitals

 

Rz. 37

Nach der Grundsatzentscheidung des BGH von 1981 sind auch die Verwaltungskosten des Kapitals zu berücksichtigen, da kein Geldinstitut der Welt und auch kein Fondsmanager eine Vermögensverwaltung kostenlos vornehmen wird – insbesondere dann, wenn das Anlagevolumen nicht ganz unerheblich ist, was bei Schadensersatzzahlungen auf Kapitalisierungsbasis immer der Fall sein dürfte. Jeder, der Geld bei professionellen Anlegern anlegt, hat dies zu bezahlen. Dies sind die Verwaltungskosten des Kapitals. Realistisch liegen die Verwaltungskosten bei einem seriösen Unternehmen zwischen 1,5 % und 2 % des Vermögenswertes. In diesem Zusammenhang sei nochmals erwähnt, dass das Kapital nach Abzug dieser Kosten und nach Berücksichtigung der Gehalts- und Preissteigerungen am Ende dem Geschädigten bis zum Ende der Laufzeit jeweils monatlich seinen errechneten Betrag erbringen muss. Bei einer ordnungsgemäßen Berechnung des Zinsfußes ist daher zwingend notwendig, all diese Parameter zu berücksichtigen. Die Verwaltungskosten des Kapitals können durchaus mit 1 % angesetzt und in Abzug gebracht werden vom ursprünglichen Zinsfuß.

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