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Als Erblasser im Sinne der Vorschrift des § 2050 BGB ist grundsätzlich die Person anzusehen, deren Vermögen mit dem Tod auf den bzw. die Erben übergeht bzw. dessen Vermögen durch die Zuwendung geschmälert wurde.[112] Fraglich ist allerdings, ob bei Ehegatten, die sich in einem gemeinschaftlichen Testament[113] jeweils als Alleinerben nach dem Tod des Erstversterbenden ("Vollerbe") und ihre Kinder als Erben des Überlebenden ("Schlusserben") eingesetzt haben,[114] tatsächlich nur der zuletzt Versterbende als Erblasser anzusehen ist.[115] In diesem Fall würden Zuwendungen des erstversterbenden Elternteils im 2. Erbfall unberücksichtigt bleiben.

Nach h.M. kann daher Erblasser i.S.d. §§ 2050 ff. BGB auch der zuerst verstorbene Elternteil sein, wenn die Erbfolge durch ein gemeinschaftliches sog. "Berliner Testament" oder einen inhaltlich entsprechenden Erbvertrag gestaltet wurde.[116] Begründet wird dies damit, dass bei der Einheitslösung die Vermögen beider Elternteile verschmelzen und letztlich eine einheitliche Vermögensmasse auf die zu Schlusserben bestimmten Abkömmlinge übergeht. Diese Einheitlichkeit des Vermögens der Eltern soll die Erweiterung des Erblasserbegriffs rechtfertigen,[117] nach der der Abkömmling auch ausgleichungspflichtige Vorempfänge des erstversterbenden Elternteils berücksichtigen muss. Andernfalls wäre es vom Zufall abhängig, ob ein Abkömmling einen Vorempfang ausgleichen muss, den er nur von einem Elternteil erhalten hat. Die Verpflichtung zur Ausgleichung hängt davon ab, ob der Zuwendende der Erst- oder der Letztversterbende ist.

[112] Damrau/Tanck/Bothe, § 2050 Rn 35.
[113] Ggf. auch Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem LPartG.
[114] Sog. Berliner Testament; im Zweifel gilt die Auslegungsregel des § 2269 Abs. 1 BGB.
[115] Beispiel: Erblasser E und Ehefrau F setze sich gegenseitig zu Erben des jeweils Erstversterbenden und die gemeinsamen Abkömmlinge als Schlusserben des Überlebenden. E überträgt auf einen Abkömmling Vermögen mit einer Ausgleichungsbestimmung und verstirbt vor F. Die Frage ist nun, ob der Abkömmling die Zuwendung des E im Schlusserbfall zur Ausgleichung bringen muss, weil es an sich um den Nachlass der F und nicht des E geht.
[116] Sog. erweiterter Erblasserbegriff, vgl. MüKo/Ann, § 2052 Rn 2; Palandt/Weidlich, § 2052 Rn 2.
[117] RG LZ 1914, 1362 Nr. 19; RG WarnRspr 1938 Nr. 22 S. 52; zust. BGH, Urt. v. 13.7.1983 – IVa ZR 15/82, BGHZ 88, 102 (109).

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