1. Typische Sachverhalte

 

Rz. 8

Ein seit mehreren Jahren ohne Papiere in Deutschland lebender Staatsangehöriger Marokkos ist Vater eines deutschen Kindes geworden und möchte ein Aufenthaltsrecht in Deutschland beantragen.
Die Mandantin hat eine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken, will das Studium abbrechen, hat zwischenzeitlich einen deutschen Staatsangehörigen geheiratet und fragt nach den aufenthaltsrechtlichen Perspektiven.
Ein Staatsangehöriger Afghanistans hat erfolglos ein Asylverfahren durchlaufen, macht jetzt eine Ausbildung und möchte seinen Aufenthalt sichern.

2. Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 9

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt grundsätzlich eine Antragstellung voraus (§ 81 Abs. 1 AufenthG). Wenngleich Ausländerbehörden amtliche Vordrucke für die Antragstellung vorsehen und sich überdies aus den Mitwirkungspflichten (§ 82 AufenthG) u.a. die Pflicht zu einem persönlichen Erscheinen ergibt, sind diese Maßgaben keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Antragstellung. Auch ergeben sich aus dem Gesetz keine Formvorgaben oder ein Begründungserfordernis für einen Antrag.

 

Rz. 10

Beim Status während des Verfahrens ist sodann zu differenzieren:

Ist der Aufenthalt ohne Erfordernis eines Aufenthaltstitels rechtmäßig – z.B. kraft einer erlaubt visumsfreien Einreise –, gilt der Aufenthalt in Form der sog. Fiktionswirkung als erlaubt (§ 81 Abs. 3 S. 4 AufenthG); wird der Antrag insoweit verspätet gestellt, gilt die Abschiebung – sog. Duldungsfiktion – als ausgesetzt (§ 81 Abs. 3 S. 2 AufenthG).
Wird der Antrag in Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels gestellt, entsteht durch die Antragstellung ebenfalls eine Fiktionswirkung (§ 81 Abs. 4 S. 1 AufenthG); davon ausgenommen sind Personen, die mit einem Schengen-Visum (§ 6 Abs. 1 AufenthG) eingereist sind.

Im Rahmen einer Erstberatung ist daher ein besonderes Augenmerk auf den derzeitigen Rechtsstatus des Mandanten und die – ggf. noch per Akteneinsicht zu eruierende – gesamte Aufenthaltsgeschichte zu legen. Trägt der Mandant vor, dass er aus humanitären oder politischen Gründen nicht in sein Herkunftsland zurückkehren will, ist Vorsicht vor einer schnellen Asylantragstellung geboten und die Gründe und sonstige aufenthaltsrechtliche Perspektiven müssen präzise besprochen werden: Denn aus einem negativen Asylverfahren gem. § 10 Abs. 3 AufenthG können sich schwerwiegende Folgewirkungen und Ausschlüsse für andere Aufenthaltstitel ergeben, da der sog. Spurwechsel vom Asylverfahren in das Aufenthaltsrecht grundsätzlich nicht vorgesehen ist.

 

Rz. 11

Von maßgeblicher Bedeutung für die Beantragung eines Aufenthaltsrechts im Inland ist schließlich § 5 Abs. 2 AufenthG: Demnach muss der Mandant grundsätzlich mit dem erforderlichen Visum eingereist sein – mithin muss eine Antragstellung für einen bestimmten Aufenthaltszweck im Regelfall aus dem Ausland erfolgen. Ausnahmen von dieser Regel sieht zum einen § 39 AufenthV vor – u.a. also dann, wenn der Mandant bereits einen Aufenthaltstitel innehat, oder in verschiedenen Konstellationen, wenn der begehrte Aufenthaltstitel eine Anspruchsnorm ist. Daneben kann gem. § 5 Abs. 2 S. 2 AufenthG von der Durchführung des Visumsverfahrens abgesehen werden.

3. Checkliste

 

Rz. 12

Welche Staatsangehörigkeit besitzt der Mandant?
Wurde ein Asylverfahren durchlaufen?
Welchen Status hat der Mandant jetzt?
Ist der gegenwärtige Aufenthalt rechtmäßig?
Wurde durch den Mandanten ggf. bereits gegenüber der Ausländerbehörde ein Antrag gestellt?
Ist der Lebensunterhalt gesichert?
Ist ein Asylantrag sinnvoll oder ggf. schädlich?
Liegen (in Familiennachzugsfällen) Vaterschaftsanerkennung und Sorgerechtserklärung vor?
Hat die Antragstellung Fiktionswirkung (§ 81 Abs. 3, 4 AufenthG)?

4. Muster: Klage gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

 

Rz. 13

Muster 7.1: Klage gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

 

Muster 7.1: Klage gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis

Verwaltungsgericht Berlin

Kirchstr. 7

10557 Berlin

per beA

Klage

des _____, geb. am _____, wohnhaft _____

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte: _____

gegen

das Land Berlin, vertreten durch das Landesamt für Einwanderung, _____

– Beklagter –

wegen: Aufenthaltsrecht

Namens und in Vollmacht des Klägers – Vollmacht anbei – erheben wir Klage und beantragen,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom _____ (Az. bei dem Beklagten: _____), zugestellt am _____, zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu erteilen.

Die Klage begründen wir zunächst wie folgt:

A.

Der Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er ist in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken mit einer Gültigkeitsdauer bis zum _____.

Am _____ heiratete er die deutsche Staatsangehörige _____. Sie lebten zunächst zusammen in Berlin. Am _____ zog die Ehefrau des Klägers nach München und nahm dort eine Tätigkeit als _____ auf. Die gemeinsame Wohnung in Berlin besteht weiterhin. Der Kläger und die Ehefrau besuchen sich jeweils am Wochenende wechselweise an ihren Wohnorten.

Anlage K1: Heiratsurkunde

Anlage K2: Passkopie der Ehefrau des Kl...

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