Rz. 57

Muster 7.7: Klage gegen die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts

 

Muster 7.7: Klage gegen die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts

Verwaltungsgericht Karlsruhe

Nördliche Hildapromenade 1

76133 Karlsruhe

per beA

Klage

1. der _____, geb. am _____,

2. des _____, geb. am _____,

beide wohnhaft _____

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte: _____

gegen

die Stadt Karlsruhe, vertreten durch die Ausländerbehörde, _____

– Beklagte –

wegen: Freizügigkeit

Namens und in Vollmacht der Kläger – Vollmacht anbei – erheben wir Klage und beantragen,

unter Aufhebung des Bescheids vom _____ (Az. bei der Beklagten: _____), zugestellt am _____, festzustellen, dass die Kläger freizügigkeitsberechtigt sind.

Die Klage begründen wir zunächst wie folgt:

A.

Die Kläger sind italienische Staatsangehörige. Sie reisten im Dezember 2019 gemeinsam mit ihrem Ehemann bzw. Vater, der ebenfalls die italienische Staatsangehörigkeit besitzt, nach Deutschland ein.

Der Ehemann bzw. Vater arbeitete zunächst ab Februar 2020 als Kellner in einer Pizzeria in einer Teilzeitbeschäftigung mit einem monatlichen Einkommen von 800 EUR. Die Klägerin zu 1) übte und übt keine Beschäftigung aus. Der Kläger zu 2) ist 10 Jahre alt und geht zur Schule.

Anlage K1: Schulbescheinigung des Klägers zu 2)

Im Oktober 2020 reiste der Ehemann bzw. Vater der Kläger nach Italien aus. Eine Rückkehr ist nicht vorgesehen.

Die zuständige Ausländerbehörde forderte die Kläger sodann auf, ihr Freizügigkeitsrecht glaubhaft zu machen. Nach einer schriftlichen Anhörung stellte sie mit Bescheid vom _____ schließlich fest, dass ein Freizügigkeitsrecht nicht mehr besteht und die Kläger das Bundesgebiet verlassen müssen. Die Aufenthaltskarte der Kläger wurde eingezogen. Die Beklagte begründet die Entscheidung damit, dass durch den Wegzug des Ehemanns bzw. Vaters und damit den Wegfall des die Familie tragenden Beschäftigungsverhältnisses das Aufenthaltsrecht entfallen sei und allein die Berufung auf den Schulbesuch des Klägers zu 2) nicht vom Freizügigkeitsrecht umfasst sei. Im Übrigen habe die Klägerin zu 1) mangels Nachweisen über eine Arbeitssuche nicht dargelegt, dass sie selbst und unmittelbar vom Freizügigkeitsrecht profitieren könne.

B.

Die zulässige Klage ist auch begründet.

Die Kläger sind weiterhin freizügigkeitsberechtigt nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU. Die Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts gem. § 5 Abs. 4 FreizügigG/EU ist rechtswidrig.

Zwar ist die Klägerin zu 1) selbst nicht unmittelbar freizügigkeitsberechtigt, da sie nicht nachweislich arbeitssuchend ist oder war. Ebenfalls kann sie nicht unmittelbar ein Freizügigkeitsrecht von dem Kläger zu 2) ableiten, da dieser ihr keinen Unterhalt leistet (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügigG/EU).

Allerdings ergibt sich ein Freizügigkeitsrecht in dieser Konstellation aus § 3 Abs. 3 FreizügigG/EU. Demnach behalten "die Kinder eines freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers und der Elternteil, der die elterliche Sorge für die Kinder tatsächlich ausübt, […] auch nach dem […] Wegzug des Unionsbürgers, von dem sie ihr Aufenthaltsrecht ableiten, bis zum Abschluss einer Ausbildung ihr Aufenthaltsrecht, wenn sich die Kinder im Bundesgebiet aufhalten und eine Ausbildungseinrichtung besuchen".

Da der Kläger zu 2) nachweislich die Schule besucht und dieser Schulbesuch bereits zum Zeitpunkt begann, als der Ehemann bzw. Vater noch freizügigkeitsberechtigt war, können sich die Kläger auch bis auf Weiteres auf das Recht aus § 3 FreizügigG/EU berufen.

Der streitgegenständliche Bescheid in Kopie anbei.

Eine weitere Begründung erfolgt ggf. nach Akteneinsicht und auf Erwiderung der Beklagten.

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