Rz. 9

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung der Umsatzsteuer ist der Tag, an dem der Anwalt seine Leistung erbringt, bzw. das Ende des Leistungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Dieser Zeitpunkt fällt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG zusammen. Es kommt also weder darauf an, in welchen Zeiträumen der Anwalt tätig war, noch kommt es darauf an, wann eine bestimmte Gebühr entstanden ist. Auch auf den Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit kommt es nicht an. Erst recht kommt es nicht darauf an, wann der Anwalt die Rechnung schreibt oder wann der Mandant zahlt. Maßgebend ist ausschließlich die Fälligkeit der Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG.

 

Rz. 10

 

Beispiel:

Im März 2020 war der Anwalt beauftragt worden, eine Klage einzureichen, was er auch umgehend veranlasst hatte. Im Mai 2020 fand ein erster Termin zur mündlichen Verhandlung statt, in dem ein Beweisbeschluss erlassen wurde. Im November 2020 hatten die Parteien unter Mitwirkung ihrer Anwälte einen schriftlichen Vergleich geschlossen, mit dem der Rechtsstreit erledigt wurde. Der Anwalt rechnet seine Vergütung im Januar 2021 ab. Der Mandant zahlt im Februar 2021.

Die Verfahrensgebühr ist im März 2020 mit Antragseinreichung entstanden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem noch die 19-%ige Umsatzsteuer galt.
Auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung galt noch der Umsatzsteuersatz von 19 %.
Bei Abschluss des Vergleichs galt bereits der ermäßigte Steuersatz von 16 %.
Zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung gilt wieder der alte Steuersatz von 19 %.
Gleiches gilt für den Tag der Zahlung.

Für die Berechnung der Umsatzsteuer ist alleine der Tag der Fälligkeit entscheidend. Das war der Tag des Vergleichsabschlusses, da damit der Auftrag erledigt worden ist (§ 8 Abs. 1 S. 1 RVG). Folglich ist die gesamte Vergütung der Instanz erst im November 2020 fällig geworden. Es gilt also einheitlich der Umsatzsteuersatz von 16 %. Der Zeitpunkt des Entstehens der jeweiligen Gebühren ist ebenso irrelevant wie das Datum der Rechnung oder der Bezahlung.

 

Rz. 11

Soweit nach Eintritt der Fälligkeit noch Abwicklungstätigkeiten zu erbringen sind, wie etwa eine Streitwertfestsetzung, die Kostenfestsetzung o.ä. hat dies keinen Einfluss auf die Fälligkeit nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG und damit auch nicht auf den Leistungszeitraum (s. Rdn 25).

 

Rz. 12

 

Beispiel:

Im Juni 2020 hatte das Gericht über die Klage durch Urteil entschieden. Im Juli wurde die Kostenfestsetzung durchgeführt.

Der Auftrag ist im Juni 2020 erledigt worden, so dass die Vergütung des Anwalts mit 19 % zu versteuern ist. Die Abwicklungstätigkeit im Juli ist für die Fälligkeit und die Höhe des Steuersatzes irrelevant.

 

Rz. 13

 

Beispiel:

Im Dezember 2020 hatte das Gericht über die Klage durch Urteil entschieden. Im Januar wurde die Streitwertfestsetzung beantragt sowie eine Urteilsberichtigung

Der Auftrag ist im Dezember 2020 erledigt worden, so dass die Vergütung des Anwalts mit 16 % zu versteuern ist. Die weiteren Tätigkeiten im Januar sind für die Fälligkeit und die Höhe des Steuersatzes irrelevant.

 

Rz. 14

Die Vertragsparteien können zwar abweichende Fälligkeiten vereinbaren;[5] eine solche abweichende Fälligkeitsvereinbarung lässt jedoch den umsatzsteuerlichen Leistungszeitraum unberührt. Es unterliegt also gerade nicht der Disposition der Vertragsparteien, durch abweichende Fälligkeitsvereinbarungen die Höhe des Umsatzsteuersatzes zu bestimmen. Etwas anderes kann lediglich bei vereinbarten Vergütungen in Betracht kommen (Rdn 54).

 

Rz. 15

Soweit sich die anwaltliche Tätigkeit in Teilleistungen i.S.d § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 UStG aufteilen lässt, kommt es auf die Fälligkeit der Vergütung der jeweiligen Teilleistung an. Ob bei gesetzlicher Abrechnung überhaupt von Teilleistungen ausgegangen werden kann oder ob es sich vielmehr immer um selbstständige Leistungen handelt, kann letztlich dahinstehen.

 

Rz. 16

 

Beispiel:

Im Januar 2020 hatte der Antragsteller ein Urkundenverfahren nach §§ 592 ff. ZPO eingeleitet. Es erging im Mai ein Vorbehaltsurteil. Sodann folgte das Nachverfahren, in dem das Gericht im September 2020 entschieden hat.

Urkunden- und Nachverfahren sind zwei verschiedene Angelegenheiten (§ 17 Nr. 5 RVG). Die Vergütung für das Urkundenverfahren ist nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG mit dem Vorbehaltsurteil im Mai 2020 fällig geworden. Die Vergütung für das Nachverfahren ist dagegen erst im September 2020 fällig geworden.

Insoweit ist es müßig, darüber zu diskutieren, ob das gesamte erstinstanzliche Verfahren eine einzige Leistung i.S.d. UStG ist oder ob es sich um zwei Leistungen handelt. Wenn man von einer einheitlichen Leistung ausgeht, dann würde es sich beim Urkundenverfahren jedenfalls um eine Teilleistung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 UStG handeln, so dass auf jeden Fall für das Urkundenverfahren der Umsatzsteuersatz von 19 % gilt und für das Nachverfahren der Umsatzsteuersatz von 16 %.

 

Rz. 17

 

Beispiel:

Im Mai 2020 hatte das Jugendamt ...

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