Rz. 126

Der Anzeige ist nach § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG eine Stellungnahme des Betriebsrats beizufügen. Der Inhalt der Stellungnahme ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Mit Blick auf die Zielsetzung einer möglichst frühen und umfassenden Information der Agentur für Arbeit über anstehende Massenentlassungen wird eine möglichst umfassende Stellungnahme empfohlen (KR/Weigand, § 17 KSchG Rn 93; ErkfK/Kiel, § 17 KSchG Rn 25). Zumindest muss der Betriebsrat sich in einer Weise äußern, die erkennen lässt, dass er seine Beteiligungsrechte als gewahrt ansieht und dass es sich um eine abschließende Erklärung zu den vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigungen handelt (BAG v. 26.2.2015 – 2 AZR 955/13, NZA 2015, 881; BAG v. 21.3.2012 - 6 AZR 596/10, NZA 2012, 1058).

 

Rz. 127

Vereinbaren der vorläufige Insolvenzverwalter bzw. nach Verfahrenseröffnung der endgültige Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste, ersetzt dieser gem. § 1 Abs. 5 S. 4 KSchG bzw. 125 Abs. 2 InsO die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG. Betrifft die Massenentlassung mehrere Betriebe, genügt es, dass ein mit dem Gesamtbetriebsrat zustande gekommener Interessenausgleich mit Namensliste beigefügt wird; eine Stellungnahme der örtlichen Betriebsräte ist entbehrlich (BAG v. 7.7.2011, NZA 2011, 1108 = ZInsO 2011, 1756).

 

Rz. 128

Gibt der Betriebsrat keine Stellungnahme ab und ist auch kein Interessenausgleich mit Namensliste zustande gekommen, kann der Arbeitgeber bzw. der (vorläufige) Insolvenzverwalter dennoch Anzeige nach § 17 KSchG erstatten. Zwar ist die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 S. 1 und S. 2 KSchG Wirksamkeitsvoraussetzung für die Massenentlassungsanzeige, ihr Fehlen führt aber nicht zwingend und dauerhaft zur Unwirksamkeit der Anzeige. Die fehlende Stellungnahme des Betriebsrats kann nachgereicht werden; allerdings wird die Anzeige dann erst mit Vollständigkeit, also mit Eingang der Stellungnahme des Betriebsrats bei der Agentur für Arbeit wirksam, und dies auch nur dann, falls der Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Anzeigeerstattung, also vor Vollständigkeit der Anzeige nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG, unterrichtet worden ist (§ 17 Abs. 3 S. 3 KSchG). Mit der Vollständigkeit der Anzeige beginnt die Monatsfrist des § 18 Abs. 1 KSchG zu laufen (BAG v. 21.5.2008, NZA 2008, 753 = ZInsO 2008, 1153). Das BVerfG hat die vorzitierte Rechtsprechung des BAG allerdings kritisiert und infrage gestellt, ob die Anzeige nach § 17 KSchG bereits vor Abschluss des Konsultationsverfahrens erfolgen kann. Der EuGH hat sich mit der Thematik, soweit ersichtlich, noch nicht abschließend auseinandergesetzt. Die Konsultation mit dem Betriebsrat muss jedenfalls vor Ausspruch der Kündigung abgeschlossen sein (EuGH v. 10.9.2009 – Rs. C-44/08, NZA 2009, 1083).

Gibt der Betriebsrat keine Stellungnahme ab oder ist der Arbeitgeber oder der (vorläufige) Verwalter nicht sicher, ob die Stellungnahme des Betriebsrats den Anforderungen des § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG genügt, kann er dennoch eine wirksame Anzeige erstatten, wenn der Arbeitgeber oder der (vorläufige) Verwalter glaubhaft macht, dass er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt, § 17 Abs. 3 S. 3 KSchG. Nicht entscheidend ist, ob bereits tatsächlich Beratungen stattgefunden haben, es ist lediglich der Stand nach der Unterrichtung glaubhaft zu machen (APS/Moll, KSchG, § 17 Rn 121). In der für eine ordnungsgemäße Anzeige erforderlichen Zusammenfassung über den letzten Beratungsstand muss die Agentur für Arbeit vollständig und wahrheitsmäßig informiert werden (BAG v. 22.9.2016 – 2 AZR 276/16, NZA 2017, 175).

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