Rz. 102

Regelmäßig enthalten Navigationssysteme Zielspeicher. Im Zielspeicher kann der Benutzer Ziele unter einem frei wählbaren Namen speichern. Das System speichert die Daten gleichzeitig auch im Adressbuch. Sie können dann später im Adressbuch die Adresse dem Navigationssystem übergeben und die Zielführung starten.

 

Rz. 103

Hierin liegt die Möglichkeit einer Überwachung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer. Die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die Rückschlüsse auf das Verhalten oder die Leistung der betroffenen Arbeitnehmer zulassen, unterliegen dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.[165] Schlüsselbegriff des Mitbestimmungstatbestandes ist die Überwachung durch die technischen Einrichtungen. Die Mitbestimmung soll verhindern, dass der Arbeitnehmer zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht wird.[166] Nach diesem Zweck richtet sich, was als technische Einrichtung i.S.d. Mitbestimmungstatbestandes anzusehen ist. Die technischen Einrichtungen müssen dazu bestimmt sein, das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers zu überwachen. Nicht unter den Mitbestimmungstatbestand fallen technische Einrichtungen zur Erbringung der Arbeitsleistung.[167]

 

Rz. 104

Ein Routenplaner ist kein Navigationsgerät. Ein Routenplaner geht von einer störungsfreien Verkehrssituation aus, während ein modernes Navigationsgerät die aktuelle Verkehrslage, insbesondere auch Staus, einberechnet. Achtet ein Arbeitnehmer bei der Planung seiner Fahrten weder auf die Vermeidung unnötiger Kilometer noch darauf, die Reihenfolge seiner Besuche geschickt und kilometervermeidend zu planen, berechtigt ein solches Verhalten nicht zur außerordentlichen Kündigung. Der Arbeitgeber muss zunächst versuchen, ein solches Verhalten anderweitig abzustellen.[168]

 

Rz. 105

Das Navigationsgerät zeichnet eingegebene Ziele in einem Zielspeicher auf. Die Überwachung beginnt mit der Erhebung von Informationen über einen Gegenstand der Wahrnehmung. Wird dieser Vorgang einer technischen Einrichtung übertragen, so liegt der Mitbestimmungstatbestand vor, wenn durch die technische Einrichtung Verhaltens- oder Leistungsdaten der Arbeitnehmer gesammelt werden. Notwendig ist, dass die Daten technisch erhoben werden, einer Auswertung der so ermittelten Informationen durch technische Einrichtungen bedarf es nicht.[169] Das Navigationssystem verarbeitet Daten, die einen Rückschluss auf ein bestimmtes, vom Willen des Arbeitnehmers gesteuertes Tun oder Unterlassen ermöglichen. Letztendlich verarbeitet das Navigationssystem Verhaltensdaten der Arbeitnehmer. Diese sind geeignet, Aussagen über das Verhalten oder die Leistung einzelner Arbeitnehmer zu machen. Diese Aussagen sind regelmäßig auch Einzelarbeitnehmern zuzuordnen, da die Benutzer des Dienstwagens bekannt sind. Entscheidend ist, dass der einzelne Arbeitnehmer identifizierbar ist.[170]

 

Rz. 106

Von daher ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG im Hinblick auf die Ausstattung von Dienstwagen mit Navigationsgeräten zu bejahen.

[165] Nägele, ArbRB 2002, 113 ff.
[166] BAG 6.12.1983 – 1 AZR 43/81, BAGE 44, 285, 311 f. = AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; BAG 14.9.1984 – 1 ABR 23/82, BAGE 46, 367, 375 = AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; BAG 18.2.1986 – 1 ABR 21/84, BAGE 51, 143, 149 = AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung.
[167] Richardi/Richardi/Maschmann, § 87 BetrVG Rn 497.
[169] BAG 6.12.1983 – 1 AZR 43/81, BAGE 44, 285, 312 = AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung.
[170] Richardi/Richardi/Maschmann, § 87 BetrVG Rn 511 m.w.N.

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