Rz. 3

Insbesondere für Kunden mit erheblichem Wertpapiervermögen kann sich die Auswahl einer Bank als Testamentsvollstreckerin anbieten. Größere Depotvolumina bergen im Erbfall das Risiko erheblicher Wertverluste, wenn Allokationsentscheidungen und damit die notwendigen Anpassungen an veränderte Marktbedingungen über längere Zeit unterbleiben. Je offensiver das Portfolio investiert ist, desto höher das Verlustrisiko. Sofern der Erblasser nicht zu Lebzeiten entsprechende Vollmachten erteilt hat, bleibt das Depot im Zeitraum zwischen Erbfall und Vorlage der Erbenlegitimation bei der depotführenden Bank ungepflegt – also in der Regel zumindest über mehrere Wochen. Häufig dauert die "Depotstarre" aber noch länger an, etwa wenn die Erben nicht über die notwendige Expertise verfügen oder in der Erbengemeinschaft zerstritten sind.[2]

 

Rz. 4

Dieses Problem vermag eine Testamentsvollstreckung durch das depotführende Kreditinstitut allerdings nicht vollständig zu lösen. Denn auch die Bank kann auf die im eigenen Haus verwahrten Wertpapiere erst nach Zugang des Testamentsvollstreckerzeugnisses zugreifen – es sei denn, sie verfügt über eine postmortale Vollmacht des Erblassers. Dieses Vorgehen wird in einigen Häusern zwar im Hinblick auf Compliance-Gesichtspunkte abgelehnt. Wird die Vollmacht aber inhaltlich auf diejenigen Befugnisse beschränkt, die auch ein Testamentsvollstrecker wahrnehmen kann, so bietet sie zumindest de jure einen gangbaren Weg, um eine "Depotstarre" zu vermeiden. Jedenfalls werden aber Wettbewerber der testamentsvollstreckenden Bank für die gegebenenfalls bei ihnen geführten Depots auf der Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses bestehen. Eine Alternative – eventuell sogar zur gesamten Testamentsvollstreckung – stellt ein vom Erblasser der Bank erteiltes Vermögensverwaltungsmandat dar. In einem zwischen beiden Parteien abgeschlossenen Vermögensverwaltungsvertrag legt der Kunde die Anlagerichtlinien fest. Innerhalb dieser Richtlinien trifft die Bank die einzelnen Anlageentscheidungen selbst. Der Vermögensverwaltungsvertrag überdauert i.d.R. den Tod des Kunden und setzt sich im Wege der Universalsukzession gem. § 1922 BGB mit dem oder den Erben bis zu seiner Kündigung fort.[3] Auf diese Weise ist gewährleistet, dass das Depot bereits in der kritischen Phase unmittelbar nach dem Erbfall des Inhabers von Personen mit der erforderlichen Qualifikation überwacht und gepflegt wird.

[2] Vgl. Fritz/Prottengeier/Roller/Klümpen-Neusel/v. Soden, Gesteuerte Vermögensübertragung, Rn 173.
[3] Vgl. Langenbucher/Bliesener/Spindler, Bankrechts-Kommentar, Kap. 34, Rn 29.

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