Rz. 25
Die Bestimmung eines erst in der Zukunft fällig werdenden Betrages mittels Abzinsungstabelle berücksichtigt allein (rein) mathematisch die bis dahin fällig werdenden Zinsen, nicht aber zusätzlich die bis zum ersten in der Zukunft liegenden Fälligkeitstermin zwischenzeitlich mögliche statistische Vorversterblichkeit, die von unfallkausal verkürzter Lebenserwartung strikt zu unterscheiden ist.
Rz. 26
Die Gesamtlebenserwartung nach der Sterbetafel 2013/2015 (Tabelle 6.3, Rdn 42) eines "heute" 35-jährigen Verletzten beträgt 79,1 Jahre, die Gesamtlebenserwartung eines "heute" 60-jährigen 81,5 Jahre. Kapitalisiert man "heute" nur mit bankmathematischer Abzinsung (also ohne Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Versterbewahrscheinlichkeit zwischen dem 35. und 60. Lebensjahr) aufgrund eines Zeitfaktors (siehe Beispiel 1.14, § 1 Rdn 561 und Beispiel 1.15, § 1 Rdn 562), ist die Laufzeit für den "heute" 35-Jährigen ungerechtfertigt um annähernd 2½ Jahre verlängert. Dieser Ungenauigkeit muss man sich bewusst sein und sie korrigieren.[12]
a) Berücksichtigung der Vorversterblichkeit
Rz. 27
Soll erst zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt oder Zeitraum gezahlt werden, muss der bis zum künftigen Fälligkeitstermin verstreichende Zeitraum bei der Bemessung des Barwertes Berücksichtigung finden.
Rz. 28
Die Wahrscheinlichkeit einer jungen Person, ein in der Zukunft liegendes Alter auch zu erreichen, errechnet sich anhand der Tabelle 6.3 (Rdn 42) wie folgt:
Rz. 29
Beispiel 6.1
Ein "heute" 30-jähriger Mann soll künftig, und zwar ab seinem 45. Lebensjahr, Leistungen erhalten. Die Vorversterblichkeit für den Zeitraum bis zum Erreichen seines 45. Lebensjahrs ist zu ermitteln.
Formel 6.2: Rechnerische Berücksichtigung der Vorversterblichkeit
Rechnungsalter | (Zukunft) | 45. Lebensjahr: | 97.303 Überlebende | = | 0,98432015 (entspricht 98,4 %) |
|
aktuelles Alter | ("heute") | 30. Lebensjahr: | 98.853 Überlebende |
Ergebnis
Ein künftiger, auf das 45. Lebensjahr (Rechnungsalter) eines "heute" 30-jährigen (aktuelles Alter) abgestellter Betrag ist also nicht 100 %, sondern allein schon wegen der bis dahin eintretenden Vorsterbewahrscheinlichkeit nur (gerundet) 98,4 % wert.
Rz. 30
Beispiel 6.2
An einen "heute" 30-jährigen Mann soll ab seinem 60. Geburtstag eine lebenslange Rente i.H.v. 500,00 EUR gezahlt werden.[13]
Aspekte
1. | Der Barwert für eine sofort beginnende Leibrente an einen 30-jährigen ist zu hoch. Falscher Barwert: 500,00 EUR * 12 Monate * KF 18,133 = 108.798,00 EUR Es bleibt unberücksichtigt, dass in dem Zeitraum zwischen 30. und 60. Lebensjahr keine Zahlung fällig ist. |
||||
2. | Der Barwert für eine sofort beginnende Leibrente an einen 60-jährigen ist ebenfalls zu hoch.
falscher Barwert: 500,00 EUR * 12 Monate * KF 12,479 = 74.874,00 EUR |
Ergebnis
3. | Es müssen die Faktoren Vorfälligkeitszins und Vorversterblichkeit bis zum 60. Lebensjahr zusammengeführt werden:
|
Rz. 31
Beispiel 6.3
Alternative Berechnung mit Differenzfaktor
Die Ausgangswerte entsprechen Beispiel 6.2 (Rdn 30).
Der KF[14] (lebenslang, 5 %) eines 30-jährigen beträgt | 18,133, |
der KF[15] (bis 60. Lebensjahr, 5 %) eines 30-jährigen | 15,512, |
der Differenz-KF beläuft sich demnach (18,133 – 15,512) auf | 2,621. |
Berechnung:
500,00 EUR * 12 Monate * Differenz-KF 2,621 = 15.726,00 EUR
▪ | Die geringfügige Abweichung (15.726,00 EUR zu 15.793,29 EUR) gegenüber der Berechnung im Ausgangsfall (Beispiel 6.2) kann vernachlässigt werden. |
▪ | Die alternative Berechnung ist dann nur schwer und näherungsweise möglich, wenn keine auf das ... |
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