Rz. 9

Um die Bestellung eines Betreuers zu verhindern, muss die Vorsorgevollmacht alle Bereiche umfassen, die Aufgabenbereich eines Betreuers sein können, d.h. insbesondere die Besorgung sämtlicher Vermögensangelegenheiten, die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen, die Aufenthaltsbestimmung sowie freiheitsbeschränkende Maßnahmen.[9]

 

Rz. 10

Für bestimmte Bereiche ist ein Handeln durch Bevollmächtigte ausgeschlossen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Ein Testament oder Erbvertrag kann nur persönlich und nicht durch einen Bevollmächtigten oder Betreuer errichtet werden, § 2064 BGB.
Bei einem Erb- oder Pflichtteilsverzicht kann der Erblasser nur persönlich handeln, § 2347 Abs. 2 S. 1 BGB. Eine Vertretung im Willen und in der Erklärung ist gänzlich ausgeschlossen.[10] Da der Verzicht dem Erblasser lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, bedarf er als beschränkt Geschäftsfähiger weder der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters noch einer gerichtlichen Genehmigung.[11] Der Verzichtende kann sich im Gegensatz zum Erblasser beim Abschluss des Erbverzichts vertreten lassen.[12] Die Vollmacht hierzu bedarf nicht der Form der §§ 2348, 167 Abs. 2 BGB.
Ein geschäftsunfähiger Erblasser kann bei einem Erb- oder Pflichtteilsverzicht durch den gesetzlichen Vertreter, nicht aber durch einen Bevollmächtigten vertreten werden, § 2347 Abs. 2 S. 2 BGB. Ist die Geschäftsunfähigkeit zweifelhaft, sollten vorsorglich der Erblasser und der Betreuer handeln.[13]
Ob die Entgegennahme eines Widerrufes einer wechselbezüglichen Verfügung oder der Rücktritt von einem Erbvertrag durch den Bevollmächtigten grundsätzlich möglich ist, ist umstritten.[14] Vorsorglich sollte der Widerruf bzw. Rücktritt daher neben dem Bevollmächtigten des anderen Ehegatten bzw. Vertragserben bei Geschäftsunfähigen vorsorglich auch einem Betreuer mit entsprechendem Aufgabenkreis zugestellt werden.
Die Anfechtung eines Erbvertrages kann nicht durch einen Vertreter des Erblassers erfolgen, § 2282 Abs. 1 S. 1 BGB. Wird der Erblasser nach Errichtung eines Erbvertrages geschäftsunfähig, ermöglicht § 2282 Abs. 2 BGB die Anfechtung durch einen Betreuer, nicht jedoch durch einen Bevollmächtigten. Der Betreuer bedarf der gerichtlichen Genehmigung.[15]
Eidesstattliche Versicherungen können nach h.M. nicht von dem Bevollmächtigten abgegeben werden (z.B. bei Erbscheinsanträgen nach § 2356 Abs. 2 BGB).[16]
Auch bei der Eheschließung ist die Vertretung gemäß § 1311 BGB ausgeschlossen.
[9] Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht/Keim, § 44 Rn 3 m.w.N.
[11] MüKo/Wegerhoff, § 2347 Rn 9.
[12] Palandt/Weidlich, § 2347 Rn 1; MüKo/Wegerhoff, § 2347 Rn 3. Bei einem Betreuer ist der Abschluss eines Erb- und Pflichtteilsverzichts durch den Verzichtenden vom Aufgabenkreis der Vermögenssorge umfasst, vorsorglich kann aber eine ausdrückliche Erweiterung des Aufgabenkreises beantragt werden, da höchstrichterliche Rechtsprechung fehlt, DNotI-Report 7/2015, S. 51.
[13] Palandt/Weidlich, § 2347 Rn 2.
[14] Die überwiegende Auffassung geht von der grundsätzlichen Zulässigkeit aus, a.A. aber Zimmer, ZEV 2007, 162. Sehr gute Darstellung des aktuellen Meinungsstandes in DNotI-Report 14/2015, S. 105. Auch nach h.M. kann im Einzelfall ein Widerruf oder Rücktritt gegenüber Bevollmächtigten rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB sein, vgl. Keim, ZEV 2010, 358, 360.
[15] Palandt/Weidlich, § 2282 Rn 1 u. 2.
[16] Palandt/Weidlich, § 2356 Rn 12; a.A. Litzenburger, ZEV 2004, 450 ff.

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