Rz. 25

Seit der Neufassung der §§ 1904 Abs. 2 und 1906 Abs. 5 BGB im Jahre 1998 sowie der Einführung des neuen § 1906a BGB im Jahr 2017 ist anerkannt, dass grundsätzlich auch in persönlichen Angelegenheiten eine Stellvertretung zulässig ist, da diese Vorschriften das Vorhandensein einer entsprechenden Vollmacht voraussetzen. Durch das "1. Betreuungsrechtsänderungsgesetz" sowie das "Gesetz zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten"[39] ergeben sich auch wichtige Vorgaben für die Gestaltung von Vollmachten in persönlichen Angelegenheiten. So bedürfen Vollmachten für die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen, Entscheidungen über freiheitsentziehende Unterbringung oder unterbringungsähnliche Maßnahmen sowie Zwangsbehandlungen außerhalb von einer freiheitsentziehenden Unterbringung der Schriftform und die Vollmacht muss diese Maßnahmen ausdrücklich umfassen. Außerdem bedarf der rechtsgeschäftlich Bevollmächtigte in gleichem Umfang einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wie ein Betreuer bei Ausübung der Gesundheitsfürsorge oder des Aufenthaltsbestimmungsrechts einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedarf.

 

Rz. 26

Durch das Schriftformerfordernis ist das Handeln in diesem Bereich aufgrund einer mündlichen oder konkludent erteilten Vollmacht ausgeschlossen. Soll die Vollmacht den Bevollmächtigten zur Einwilligung in konkret gefährliche ärztliche Maßnahmen, zur freiheitsentziehenden Unterbringung des Vollmachtgebers, zu sonstigen unterbringungsähnlichen Maßnahmen im Sinne des § 1906 Abs. 4 BGB oder zu Zwangsbehandlungen außerhalb einer freiheitsentziehenden Unterbringung des Betroffenen ermächtigen, dann muss sie die dort genannten Maßnahmen ausdrücklich umfassen, §§ 1904 Abs. 5, 1906 Abs. 5 BGB, § 1906a Abs. 5 BGB. Nach der gesetzlichen Neuregelung der Patientenverfügung müssen zusätzlich gemäß § 1904 Abs. 2, 5 BGB auch die Nichteinwilligung und der Widerruf einer Einwilligung ausdrücklich aufgenommen werden, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute/Vollmachtgeber aufgrund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet.[40] Es empfiehlt sich daher, die Vollmacht insofern in enger Anlehnung oder unter Übernahme des Wortlautes der §§ 1904, 1906 und 1906a BGB zu formulieren. Eine abstrakt formulierte Generalvollmacht ist daher für den Einsatz bei persönlichen Angelegenheiten nicht ausreichend.

 

Rz. 27

Während im Vermögensbereich der Vorteil der Vollmacht gegenüber der Betreuung weiterhin darin besteht, dass der Bevollmächtigte grundsätzlich alle Rechtsgeschäfte ohne Einschaltung des Betreuungsgerichts tätigen kann, ist in Angelegenheiten der Personensorge immer dann eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich, wenn auch ein Betreuer im Sinne der §§ 1896 ff. BGB dieser Genehmigung bedürfte. Eine Einwilligung in einen medizinischen Eingriff bedarf danach zu ihrer Wirksamkeit der betreuungsgerichtlichen Genehmigung, wenn der Vollmachtgeber mangels natürlicher Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht selbst zur Erklärung der Einwilligung in der Lage ist, keinen eigenen Willen in einer wirksamen Patientenverfügung niedergelegt hat[41] und die begründete Gefahr besteht, dass der Vollmachtgeber aufgrund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet sowie mit dem Aufschub der Maßnahme keine Gefahr verbunden ist.

 

Rz. 28

Weiterhin bedarf der Bevollmächtigte nach § 1906 Abs. 5 S. 2 BGB in Verbindung mit § 1906 Abs. 1 BGB einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die Einwilligung in eine mit einer Freiheitsentziehung verbundenen Unterbringung des Vollmachtgebers. Schließlich ist sie gem. § 1906 Abs. 5 S. 2 BGB in Verbindung mit § 1906 Abs. 4 BGB erforderlich, wenn sich der Vollmachtgeber in einer Anstalt, in einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung aufhält, ohne untergebracht zu sein und ihm durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig die Freiheit entzogen werden soll.[42]

 

Rz. 29

Auch die Einwilligung zu einer Zwangsbehandlung, die außerhalb einer freiheitsentziehenden Unterbringung in einem dafür geeigneten Krankenhaus gegen den natürlichen Willen des Betroffenen erfolgen soll, bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung durch das Betreuungsgericht (§ 1906a Abs. 5 S. 2, Abs. 2 BGB).

[39] BGBl I 2017, S. 2426.
[41] Wenn der Betroffene seinen Willen in einer Patientenverfügung (§ 1901a Abs. 1 BGB) niedergelegt hat und diese auf die konkret eingetretene Lebens- und Behandlungssituation zutrifft, bedarf es keiner Genehmigung durch das Betreuungsgericht, da es dann schon keiner Einwilligung des Betreuers gem. § 1904 Abs. 2 BGB bedarf und es dem Betreuer bzw. Bevollmächtigten obliegt, dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des B...

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