Rz. 47

Mit Ausnahme der Verweigerung der Erfüllung des Auskunftsanspruches auf Grundlage des Art. 12 Abs. 2 DSGVO[43] sieht die DSGVO selbst keine Einschränkungen des Auskunftsanspruches der betroffenen Person vor. Nach Art. 23 Abs. 1 DSGVO können jedoch durch Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten, denen der Verantwortliche unterliegt, auch die Auskunftsrechte nach Art. 15 DSGVO beschränkt werden, sofern solche Beschränkungen den Wesensgehalt der Grundrechte und Grundfreiheiten achten und in einer demokratischen Gesellschaft eine notwendige und verhältnismäßige Maßnahme darstellen. Die Bundesrepublik Deutschland hat – wie in anderen Bereichen – über das mit dem DSAnpUG-EU[44] erlassene BDSG-Neu in verschiedener Form von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

[43] Hierzu § 5 Rdn 206.
[44] Siehe BT-Drucks 18/11325 v. 24.2.2017, in der Fassung der vom Bundestag beschlossenen Beschlussempfehlung des Innenausschusses, BT-Drucks 18/12084 v. 25.4.2017, Anhang II.

1. Beschränkung bei Verarbeitung zu wissenschaftlichen oder historischen Forschungszwecken und zu statistischen Zwecken, § 27 Abs. 2 BDSG-Neu

 

Rz. 48

Nach § 27 Abs. 2 BDSG-Neu ist das Auskunftsrecht der betroffenen Person insoweit beschränkt, als dieses Recht voraussichtlich die Verwirklichung von Forschungs- oder Statistikzwecken unmöglich macht oder ernsthaft beeinträchtigt und die Beschränkung für die Erfüllung der Forschungs- oder Statistikzwecke notwendig ist. Dies soll der Fall sein, wenn z.B. "die zuständige Ethikkommission zum Schutz der betroffenen Person eine Durchführung des Projekts andernfalls untersagen würde".[45]

 

Rz. 49

Das Recht auf Auskunft gemäß Art. 15 DSGVO besteht darüber hinaus nicht, wenn die Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung erforderlich sind und die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Das kann der Fall sein, wenn ein Forschungsvorhaben mit besonders großen Datenmengen arbeitet.[46]

[45] BT-Drucks 18/11325, S. 99 a.E.
[46] BT-Drucks 18/11325, S. 100 oben.

2. Beschränkung zugunsten von im öffentlichen Interesse liegender Archive, § 28 Abs. 2 BDSG-Neu

 

Rz. 50

Nach § 28 Abs. 2 BDSG-Neu besteht das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art. 15 DSGVO auch dann nicht, wenn das Archivgut, das im öffentlichen Interesse geschaffen wurde, nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts mit vertretbarem Verwaltungsaufwand ermöglichen.

3. Geheimhaltungsinteressen, § 29 Abs. 1 S. 2 BDSG-Neu

 

Rz. 51

Das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art. 15 DSGVO besteht weiterhin nicht, soweit durch die Auskunft Informationen offenbart würden, die nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen (§ 29 Abs. 1 S. 2 BDSG-Neu).[47]

[47] Zu den inhaltlichen Anforderungen wird auf die Ausführungen zu § 29 Abs. 1 S. 1 BDSG-Neu verwiesen, § 5 Rdn 117 ff.

4. Einschränkungen nach § 34 BDSG-Neu

 

Rz. 52

§ 34 Abs. 1 BDSG-Neu enthält ergänzend zu den in § 27 Abs. 2 BDSG-Neu, § 28 Abs. 2 BDSG-Neu und § 29 Abs. 1 Satz 2 BDSG-Neu genannten Ausnahmen weitere Einschränkungen des Auskunftsrechts der betroffenen Person.

a) Keine Informationspflicht nach § 33 BDSG-Neu, § 34 Abs. 1 Nr. 1 BDSG-Neu

 

Rz. 53

Das Auskunftsrecht der betroffen Person besteht nicht, wenn sie nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 Buchst. b) oder Abs. 3 BDSG-Neu nicht zu informieren ist.[48]

[48] Zu den Tatbeständen oben § 5 Rdn 139 ff.

b) Daten nur noch aufgrund von Aufbewahrungspflichten vorhanden, § 34 Abs. 1 Nr. 2a) BDSG-Neu

 

Rz. 54

Weiterhin besteht ein Auskunftsrecht nicht, wenn personenbezogene Daten über den Betroffenen nur deshalb gespeichert sind, weil sie

aufgrund gesetzlicher oder satzungsmäßiger Aufbewahrungsvorschriften[49] nicht gelöscht werden dürfen und
die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und
eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen ist.

Eine vertraglich bestehende Aufbewahrungspflicht führt nicht dazu, dass der betroffenen Person die Geltendmachung ihres Auskunftsrechts verwehrt werden kann.[50]

 

Rz. 55

Neben dem Bestehen einer Aufbewahrungspflicht, die den alleinigen verbleibenden Zweck der Datenverarbeitung bilden darf, erfordert die Zurückweisung des Auskunftsanspruches zum einen, dass die Auskunftserteilung für den Verantwortlichen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde. Dies kann der Fall sein, wenn der Verantwortliche die aufzubewahrenden Daten nicht mehr in seinen aktiven Systemen, sondern nur noch auf Sicherungssystemen oder Massenspeichern vorhält, die ihrerseits nur der Aufbewahrung und Archivierung dienen (Back-ups). In einem solchen Fall wäre der Verantwortliche, müsste er die Auskunft erteilen, u.U. dazu verpflichtet, die Sicherungssysteme aktiv anzusteuern oder vorhandene Back-ups wieder in seine laufende Systemumgebung einzuspielen. Dies wiederum könnte dazu führen, dass neben dem konkret anfragenden Betroffenen auch zahlreiche weitere natürliche Personen und ihre personenbezogenen Daten von einem einzelnen Auskunftsersuchen betroffen werden, obwohl sie gar keinen Anspruch in diese Richtung gestellt haben. Ggf. kann – der Gesetzgeber lässt dies ausdrücklich offen – auch ein unverhältnismäßiger finanzieller Aufwand einen Ausschluss des Auskunftsrechtes rechtfertigen. Wann ein solcher anzunehmen ist, k...

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