Rz. 290

Vor Beantragung der Nachlassverwaltung ist der Erbe auf folgende Punkte hinzuweisen:

Der Erbe bleibt auch während des Gütersonderungsverfahrens Träger der Nachlassrechte, -pflichten und -lasten, die Prozessführungsbefugnis geht jedoch auf den Verwalter über § 1984 Abs. 1 S. 1, 3 BGB. Der Erbe kann bei bestehender Nachlassverwaltung eine Nachlassforderung dann einklagen, wenn er vom Nachlassverwalter zur Prozessführung ermächtigt ist und ein eigenes rechtsschutzwürdiges Interesse an Prozessführung im eigenen Namen hat. Ein solches Interesse ergibt sich in der Regel schon daraus, dass der Erbe Träger des materiellen Rechts ist.[298]
Aus dem Nachlass kann der Erbe Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, die ihm dadurch entstanden sind, dass er aus Mitteln seines Eigenvermögens Nachlassschulden bezahlt hat, sei es durch Zahlung oder Aufrechnung mit Ansprüchen seines Eigenvermögens, §§ 1978 Abs. 3, 670, 683, 684 BGB.

Trotz Durchführung der Güter- und Haftungssonderung haftet der Erbe durch die angeordnete Nachlassverwaltung, wenn Inventaruntreue vorliegt. Eine Inventaruntreue liegt vor, wenn der Erbe

die einzelnen Nachlassgegenstände absichtlich erheblich unvollständig angibt, §§ 2001, 2005 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, eine Gläubigerbenachteiligung ist dabei nicht erforderlich; der Erbe muss mit der Unvollständigkeit aber einen bestimmten Zweck verfolgen;
die Aufnahme einer nicht bestehenden Nachlassschuld in das Inventar verursacht, um die Nachlassgläubiger zu benachteiligen, § 2005 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB;
die von ihm geforderte Auskunft bei der amtlichen Inventaraufnahme verweigert, § 2003 BGB;
die von ihm geforderte Auskunft absichtlich in erheblichem Maße verzögert, § 2005 Abs. 1 S. 2 BGB.

Er hat die Vollständigkeit des Inventars hinsichtlich des Aktivbestands auf Antrag eines Nachlassgläubigers an Eides statt zu versichern. Falls der Erbe die eidesstattliche Versicherung gegenüber einem Gläubiger nicht abgibt, verliert er gegenüber diesem Gläubiger das Recht zur Haftungsbeschränkung, den anderen Gläubigern gegenüber jedoch nicht. Der Erbe kann auf die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verklagt werden.

Die Nachlassverwaltung kann erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.
Sein Antrag auf Anordnung der Nachlassverwaltung kann abgelehnt werden, wenn er nur ausschließlich allzu offensichtlich der Bequemlichkeit des Erben dient. Ein bloßer Verdacht, dass der Antrag nicht die gesetzliche Zielsetzung der Nachlassverwaltung verfolgt, reicht aber für die Ablehnung nicht aus.
Einkünfte, die nach dem Tode des Erblassers aus dem Nachlass erzielt werden, sind auch im Falle der Anordnung der Nachlassverwaltung dem Erben zuzurechnen. Bei der auf diese Einkünfte entfallenden Einkommensteuer handelt es sich um eine Eigenschuld des Erben, für die die Beschränkung der Erbenhaftung nicht geltend gemacht werden kann.
Beschränkt sich die Haftung des Erben auf den Nachlass, weil Nachlassverwaltung angeordnet worden ist, so bleibt sie auch nach der Aufhebung der Nachlassverwaltung bestehen. Der Erbe kann in entsprechender Anwendung des § 1990 BGB die Beschränkung der Haftung im Wege der Einrede geltend machen. Die Geltendmachung der Einrede kann ihm nach § 780 ZPO vorbehalten werden.
Aus der Verweisung in § 45 Abs. 2 S. 1 AO 1977 auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten ergibt sich, dass der Erbe für Nachlassverbindlichkeiten grundsätzlich unbeschränkt aber beschränkbar haftet.
Das Finanzamt darf im Falle der Nachlassverwaltung oder des Nachlassinsolvenzverfahrens aus einem gegen den Erben als Gesamtrechtsnachfolger ergangenen vollstreckbaren Steuerbescheid nur in Nachlassgegenstände und nicht in das Eigenvermögen vollstrecken. Die Beschränkung der Erbenhaftung ist nicht im Steuerfestsetzungsverfahren oder gegen das Leistungsgebot, sondern erst im Zwangsvollstreckungsverfahren geltend zu machen.
[298] BGH NJW 1963, 297.

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