Rz. 12

Wenn neben einzelnen Wertgegenständen Konten ermittelt werden, kann das Nachlassgericht die Kontensperrung entweder von Amts wegen oder auf Antrag veranlassen.[8]

Daneben besteht die Möglichkeit des Nachlassgerichts, das Geldinstitut dahingehend aufzufordern, den auf dem Girokonto verbliebenen Betrag zugunsten der noch unbekannten Erben des Erblassers zu hinterlegen. Gegen eine solche Sicherungsanordnung des Nachlassgerichts steht dem Geldinstitut ein Beschwerderecht nicht zu.[9] Die Anordnung des Nachlassgerichts ist als wirksamer (nicht nichtiger) gerichtlicher Beschluss unabhängig von ihrer materiellen Richtigkeit sowohl für die unbekannten Erben wie auch für das angewiesene Kreditinstitut verbindlich.[10] Bei geringfügigen Nachlässen kann somit die Ausstellung eines Erbscheins entbehrlich werden.

 

Rz. 13

Problematisch ist die Praxis der Nachlassgerichte, einem Angehörigen des Erblassers oder einem Dritten bestimmte Nachlassgelder im Beschlusswege zur Begleichung von angefallenen oder zum Ausgleich bereits verauslagter Beerdigungskosten oder zur anderweitigen zweckgebundenen Verwendung zu überlassen.[11] Eine solche Vorgehensweise ist vom Regelungsbereich des § 1960 nicht gedeckt, da es sich insoweit nicht um Sicherungsmaßnahmen handelt.[12] Derartige Maßnahmen des Nachlassgerichts lassen sich auch nicht auf §§ 1888 Abs. 1, 1867 BGB stützen, da es in der Regel an der insoweit erforderlichen Dringlichkeit[13] fehlt.[14] Das Nachlassgericht hat einen Nachlasspfleger zu bestellen. Die Anordnung des Nachlassgerichts ist dennoch als wirksamer (nicht nichtiger) gerichtlicher Beschluss unabhängig von ihrer materiellen Richtigkeit sowohl für die unbekannten Erben wie auch für das angewiesene Geldinstitut verbindlich.[15] Dem Geldinstitut steht ein Beschwerderecht nicht zu.[16]

 

Rz. 14

Die nachlassgerichtliche Sicherungsmaßnahme gem. § 1960 BGB, die eine Kontensperrung zum Gegenstand hat, muss Rechte Dritter wahren. Die Anforderungen, die an das Nachlassgericht hinsichtlich der Prüfung der Frage zu stellen sind, ob Dritte zwischenzeitlich Rechte am Nachlassvermögen erworben haben, sind jedoch nicht zu überspannen.[17]

[8] KG Berlin v. 29.1.1982 – 1 W 2023/81, Rpfleger 1982, 184.
[11] Vgl. Firsching/Graf, Nachlassrecht, § 41 Rn 42; Bestelmeyer, RPfleger 2011, 211; Kroiß, ErbR 2013, 110 ff.
[12] OLG Dresden v. 8.6.2010 – 17 W 510/10, ZErb 2010, 367; insoweit zustimmend Bestelmeyer, RPfleger 2011, 211.
[13] § 1846 BGB ist eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift für Eilfälle, vgl. BayObLG v. 15.5.2002 – 3Z BR 163/00, FGPrax 2002, 191; v. 15.3.1990 – BReg 3 Z 23/90, FamRZ 1990, 1154.
[14] OLG Dresden v. 8.6.2010 – 17 W 510/10, ZErb 2010, 367 mit Hinweis auf die fehlende Dringlichkeit; Grüneberg/Weidlich, § 1960 Rn 3; a.A. Bestelmeyer, RPfleger 2011, 211; Schulz, NLPrax 2019, 1 ff.
[17] KG Berlin v. 29.1.1982 – 1 W 2023/81, Rpfleger 1982, 184.

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