Rz. 258

Es gehört zu den Pflichten des Nachlasspflegers, den Nachlass zu erhalten und zu verwalten und die Vermögensinteressen der noch festzustellenden Erben wahrzunehmen. Dazu hat er die Nachlasssachen in Besitz zu nehmen. Dafür kann er von jedem, der Nachlassgegenstände in Besitz hat, deren Herausgabe verlangen und dieses Recht notfalls gerichtlich einfordern. Der Aktivprozess ist grundsätzlich als gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben zu führen. Sofern es sich bei dem Erbschaftsbesitzer um einen Erbanwärter handelt, hat der Nachlasspfleger zur Vermeidung eines möglichen In-sich-Prozesses das Verfahren als Partei kraft Amtes zu führen (siehe Rdn 255).

 

Rz. 259

Muster 6.45: Stufenklage gegen den Erbschaftsbesitzer

 

Muster 6.45: Stufenklage gegen den Erbschaftsbesitzer

Muster: Stufenklage gegen den Erbschaftsbesitzer

Per beA

An das Landgericht

_________________________

Mein Zeichen: _________________________

K l a g e

unter der aufschiebenden Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe

des Nachlasspflegers _________________________

Klägers,

– Prozessbevollmächtigter: _________________________ –

gegen

Herrn _________________________,

Beklagten.

Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage und werde im Termin zur mündlichen Verhandlung beantragen:

1.

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen,

welche Gegenstände zum Zeitpunkt des Erbfalls zum Bestand des Nachlasses der am _________________________ verstorbenen _________________________ gehörten und in seinen Besitz gelangten,
welche Gegenstände sich davon noch heute in seinem Besitz befinden,
wo nicht mehr vorhandene Erbschaftsgegenstände verblieben sind,
was er aus dem Verkauf nicht mehr vorhandener Erbschaftsgegenstände erlangt hat,
welche Nutzungen und Früchte er aus den zum Nachlass gehörenden Gegenständen gezogen hat;
2. ggf. den Beklagten zu verurteilen, an Eides Statt zu versichern, dass der Beklagte den Bestand so vollständig angegeben hat, als er dazu imstande ist;
3. den Beklagten zu verurteilen, die nach erteilter Auskunft noch zu bezeichnenden Nachlassgegenstände herauszugeben und/oder einen nach Auskunftserteilung zu beziffernden Geldbetrag zu zahlen.

Für den Fall der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens wird beantragt,

nach Ablauf der Frist des § 276 Abs. 1 ZPO unter den Voraussetzungen des § 331 Abs. 3 ZPO ein Versäumnisurteil zu erlassen.

Des Weiteren beantrage ich,

dem Kläger Prozesskostenhilfe für die I. Instanz unter Beiordnung des Unterzeichners zur vorläufigen unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte zu gewähren.

Begründung:

I.

Frau _________________________, geb. _________________________, ist am _________________________ verstorben. Herr _________________________ wurde zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben der _________________________ bestellt (AG _________________________, Az. _________________________).

 
Beweis: Bestellungsurkunde vom _________________________, Anlage K1

Der Beklagte ist der Sohn der Erblasserin. Am _________________________ beantragte er beim Amtsgericht _________________________ (Az. _________________________) einen Erbschein, der ihn aufgrund gesetzlicher Erbfolge als Alleinerben seiner Mutter ausweisen sollte. Der Erbschein wurde – wie beantragt – erlassen und ausgehändigt.

 
Beweis:

Niederschrift des AG _________________________ vom _________________________, Anlage K2

Erbschein vom _________________________, Anlage K3

Später wurde der Erbschein durch das Amtsgericht _________________________ eingezogen, da letztwillige Verfügungen bekannt geworden sind, wonach die Erblasserin ihren Sohn enterbt hatte.

 
Beweis:

handschriftliches Testament vom _________________________, Anlage K4

handschriftliches Testament vom _________________________, Anlage K5

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Einziehungsbeschluss wurde durch Beschluss des Oberlandesgerichts _________________________ vom _________________________ (Az. _________________________) zurückgewiesen.

 
Beweis: Beschluss des Oberlandesgerichts _________________________ vom _________________________, Anlage K6

Unter Vorlage des Erbscheins hatte der Beklage Gegenstände und Unterlagen aus der Wohnung der Erblasserin entgegengenommen und die bei der _________________________ Bank geführten Konten der Erblasserin aufgelöst sowie die Guthabenbeträge entgegengenommen. Weiteres entzieht sich der Kenntnis des Klägers.

 
Beweis: Schreiben der _________________________ Bank vom _________________________, Anlage K7

Der Beklagte wurde mehrfach vom Kläger und später vom Unterzeichner vergeblich zur Auskunft über den Bestand des Nachlasses und zur Zahlung der vereinnahmten Beträge aufgefordert.

 
Beweis: Schreiben des Unterzeichners vom _________________________, Anlage K8

Klage ist somit geboten. Die Ansprüche stehen dem Nachlasspfleger aus eigenem Recht zu. Auch derjenige, der möglicherweise der wahre Erbe ist, ist zur Auskunft und Herausgabe an den Nachlasspfleger verpflichtet, wenn er Nachlassgegenstände in Besitz hat. Dies ergibt sich aus dem Am...

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