Rz. 88

Der Basiszinssatz stellt grundsätzlich eine "quasi" risikofreie und fristadäquate Alternativanlage zur Investition in das zu bewertende Unternehmen dar. Die Risikofreiheit der zugrunde liegenden Alternativanlage bezieht sich dabei insbesondere auf die Termin-, Währungs- und Ausfallrisiken.[162] Im Hinblick auf ihren quasi-sicheren Charakter erfüllen in Deutschland Anleihen der öffentlichen Hand weitestgehend die Forderung nach Risikofreiheit. Die Investition in den Basiszinssatz stellt somit einen für jeden Investor erreichbaren Mindestzins dar. Da Unternehmen jedoch regelmäßig mit einer zeitlich unbegrenzten Lebensdauer bewertet werden, wäre als Basiszinssatz grundsätzlich die am Bewertungsstichtag zu erzielende Rendite einer zeitlich ebenfalls nicht begrenzten Anleihe der öffentlichen Hand heranzuziehen.[163] In Deutschland existieren jedoch keine öffentlichen Anleihen mit unendlicher Laufzeit. Daher kann hilfsweise auf Grundlage der am Markt beobachtbaren Zinsstrukturkurve das theoretische Renditeniveau für Anleihen mit unendlicher Laufzeit approximiert werden. Eine in die Zukunft gerichtete Extrapolation der Zinssätze kann bspw. durch die Anwendung der sog. Svensson-Methode erreicht werden.[164] Durch diese Berechnung ist es möglich, Zinssätze für Zeitpunkte zu schätzen, die über die Laufzeiten börslich gehandelter Staatsanleihen hinausgehen. Da diese Extrapolation jedoch in hohem Maße von den Schätzparametern abhängig ist, wird seitens des IDW empfohlen, eine Fortschreibung des 30-jährigen Zinssatzes in die weitere Zukunft vorzunehmen.[165]

 

Rz. 89

Wenngleich sich aus der Zinsstrukturkurve risikolose Zinssätze für die Detailplanungsphase periodenspezifisch ableiten lassen, ist für die Phase der ewigen Rente ein einheitlich unendlicher Basiszinssatz anzusetzen. In der Bewertungspraxis wird daher in der Regel vereinfachend aus der Zinsstrukturkurve ein für alle Perioden einheitlicher Basiszinssatz abgeleitet. Zur Gewährleistung einer praktikablen und nachvollziehbaren Glättung der kurzfristigen Marktschwankungen sowie möglicher Schätzfehler insbesondere bei langfristigen Renditen soll gem. Hinweisen des IDW auf einen Durchschnittswert der letzten drei Monate vor dem Bewertungsstichtag zurückgegriffen werden, welcher grundsätzlich auf einen ¼%-Punkt zu runden ist. Bei einem Zinssatz von weniger als 1,0 % empfiehlt das IDW eine Rundung auf 1/10 %-Punkte vorzunehmen.[166]

[162] Vgl. Mandl/Rabel, Methoden der Unternehmensbewertung, S. 64.
[163] Zum Laufzeitäquivalenzprinzip in der Unternehmensbewertung, vgl. Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 1983, S. 155 ff.
[164] Vgl. zur Svensson-Methode: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Oktober 1997, S. 61 ff.
[165] Vgl. Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, Abschnitt A, Rn 377.
[166] Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, Abschnitt A, Rn 380.

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