Rz. 55

Der Liquidationswert ist grds. immer dann anzusetzen, wenn der Barwert der finanziellen Überschüsse, die sich bei Liquidation des gesamten Unternehmens ergeben, den Fortführungswert übersteigt. Der Liquidationswert, der auch als Zerschlagungswert bezeichnet wird,[95] stellt nach herrschender Meinung in der betriebswirtschaftlichen Literatur und Praxis die Wertuntergrenze dar. Dies gilt zumindest dann, wenn eine Liquidation nicht rechtlich oder faktisch ausgeschlossen ist.[96] Der Liquidationswert ergibt sich als Barwert der Nettoerlöse, die sich aus der Veräußerung der Vermögensgegenstände abzgl. Schulden und Liquidationskosten ergeben.[97] Die Vermögensgegenstände des Unternehmens sind daher mit ihren jeweiligen Veräußerungserlösen anzusetzen. Die Bestimmung des Liquidationswertes hat unter Berücksichtigung des bestmöglichen Verwertungs- und Liquidationskonzepts zu erfolgen.[98] Dabei können Abschläge für eine eingeschränkte Verwertbarkeit gerechtfertigt sein.[99] Die Veräußerungserlöse werden maßgeblich durch die Zerschlagungsintensität und Zerschlagungsgeschwindigkeit beeinflusst.[100]

 

Rz. 56

Da sich der Liquidationswert nur unter der Prämisse einer Veräußerung sämtlicher Vermögensgegenstände realisieren lässt, sind im Rahmen der Liquidationswertermittlung sowohl Liquidationskosten als auch transaktionsbedingte Ertragsteuern, die aus der Aufdeckung stiller Reserven resultieren, wertmindernd zu berücksichtigen. Neben den vom Unternehmen zu leistenden Ertragsteuern auf Liquidationsgewinne sind dabei auch persönliche Ertragsteuern der Unternehmenseigner in Betracht zu ziehen.[101] Zu den Kosten der Liquidation zählen bspw. die Kosten des Abwicklungsvorgangs selbst, Abbruch- und Sanierungskosten sowie Sozialplanverpflichtungen. Nicht anzusetzen sind hingegen Verpflichtungen, die mit der Liquidation entfallen (bspw. Kulanz- oder Restrukturierungsrückstellungen).[102]

[95] Vgl. Fleischer/Schneider, DStR 2013, 1736.
[96] Vgl. Ballwieser/Hachmeister, Unternehmensbewertung, S. 206.
[97] Vgl. IDW S 1 (2008), Rn 61.
[98] Vgl. Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, Abschnitt A, Rn 158.
[99] Vgl. Piltz, Die Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung, S. 196.
[100] Vgl. Moxter, Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung, 1983, S. 155 ff.
[101] Vgl. Bewertung und Transaktionsberatung, 2018, Abschnitt A, Rn 161.
[102] Vgl. Fleischer, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 9 Rn 9.6.

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