Rz. 54

Der Nießbraucher darf die Sache nicht umgestalten oder wesentlich verändern (§ 1037 Abs. 1 BGB). Welche Maßnahmen wesentlich oder unwesentlich und damit zulässig sind, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Der Nießbraucher ist zur Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand verpflichtet, § 1041 S. 1 BGB. Der Nießbraucher hat alle Maßnahmen zu unterlassen, die den wirtschaftlichen Bestand der Sache gefährden.

Der Nießbraucher hat nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft zu verfahren, § 1036 Abs. 2 BGB. Die Regeln ordnungsmäßiger Verwaltung sind nach objektiven Grundsätzen zu bestimmen. Zieht der Nießbraucher Früchte aufgrund ordnungswidriger Wirtschaftsführung oder übermäßiger Nutzung der Sache, so hat er insoweit dem Eigentümer bei Beendigung des Nießbrauchs den Wert der Früchte zu ersetzen (§ 1039 BGB). Umgekehrt hat der Nießbraucher Veränderungen oder Verschlechterungen nicht zu vertreten, die durch ordnungsmäßige Nießbrauchsausübung entstanden sind, § 1050 BGB.

 

Rz. 55

Die auf den Gegenstand anfallenden gewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen muss der Nießbraucher insoweit vornehmen, als sie zur Unterhaltung der Sache gehören, § 1041 S. 2 BGB. Gewöhnliche Unterhaltungsmaßnahmen sind Ausbesserungen und Erneuerungen, mit denen ab und zu zu rechnen ist, selbst wenn sie im Einzelfall durch Zufall erforderlich werden.[123] Zu außergewöhnlichen Erhaltungsmaßnahmen ist der Nießbraucher berechtigt, aber nicht verpflichtet. Der Nießbraucher hat keinen Anspruch darauf, dass der Eigentümer außergewöhnliche Reparaturen bewirkt, den Eigentümer trifft insofern keine Erhaltungspflicht.

Zur Erhaltung der Sache gehört auch, dass der Nießbraucher diese auf seine Kosten versichern lässt, § 1045 BGB. Welche Schadensereignisse versicherungsmäßig abgedeckt werden, ist im Einzelfall nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Wirtschaft zu beurteilen.

 

Rz. 56

Der Nießbraucher hat folgende auf der Sache ruhende ordentlichen öffentlichen und privaten Lasten zu tragen, § 1047 BGB:

ordentliche öffentliche Lasten, insbesondere Grundsteuer, nicht aber außerordentliche Lasten wie bspw. Anliegerleistungen für den Straßenbau,
privatrechtliche Lasten, die schon bei Begründung des Nießbrauchs bestanden haben, insbesondere Zinsen für durch Grundpfandrechte gesicherte Verbindlichkeiten, soweit sie die nießbrauchsbelastete Sache betreffen.
 

Rz. 57

Von den gesetzlichen Bestimmungen (gesetzlichen Schuldverhältnissen) kann mit (teilweiser) dinglicher Wirkung eine abweichende Regelung getroffen werden. So kann von der den Nießbraucher gegenüber dem Eigentümer treffenden Verpflichtung zu seinen Gunsten oder Lasten eine abweichende Regelung getroffen werden.[124] Dem Eigentümer kann aber nicht mit dinglicher Wirkung eine Leistungspflicht auferlegt werden, da er nur zur Duldung, nicht aber zur Leistung verpflichtet ist (was sich aus der Dienstbarkeit ergibt). Schuldrechtlich können den Eigentümer allerdings sehr wohl Leistungspflichten treffen, was im Einzelnen vom Inhalt der letztwilligen Verfügung abhängt.

 

Rz. 58

Gegen den Eigentümer hat der Nießbraucher Anspruch auf Ersatz von Verwendungen, zu denen der Nießbraucher nicht verpflichtet gewesen ist (§ 1049 Abs. 1 BGB). § 1049 Abs. 1 BGB verweist auf die entsprechenden Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, wonach die Ersatzpflicht regelmäßig nur dann besteht, wenn die Verwendungen dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen (§ 683 BGB). Statt des Ersatzanspruchs hat der Nießbraucher auch das Recht, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Sache versehen hat (§ 1049 Abs. 2 BGB).

Gebraucht der Nießbraucher die Sache rechtswidrig und fährt er darin trotz Abmahnung fort, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen, § 1059 BGB. Bei schuldhafter Verletzung der Regeln ordnungsmäßiger Wirtschaft ist der Nießbraucher ggf. schadensersatzpflichtig.[125]

 

Rz. 59

Der Nießbraucher hat den Eigentümer gem. § 1042 BGB unverzüglich zu benachrichtigen, wenn die Sache zerstört oder beschädigt wird, eine außergewöhnliche Ausbesserungs- oder Erneuerungsmaßnahme notwendig wird, eine Vorkehrung zum Schutz der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr zu treffen ist, ein Dritter sich ein Recht an der Sache anmaßt.

[123] Staudinger/Frank, § 1041 Rn 2–10.
[124] BayObLG BayObLGZ 1979, 273.
[125] MüKo/Petzoldt, § 1036 Rn 4.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge