Rz. 81

Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, ist er nach § 890 Abs. 1 ZPO wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Allerdings muss die Verurteilung zu einem Ordnungsmittel nach § 890 Abs. 2 ZPO angedroht werden. Dies kann im Urteil oder auch isoliert geschehen.

Soweit die Androhung im ursprünglichen Urteil erfolgte, ist dies mit den Gebühren im Erkenntnisverfahren, insbesondere der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG, abgegolten.[73] Gleiches gilt für die isolierte Androhung, die dann mit der Verfahrensgebühr für den eigentlichen Vollstreckungsantrag nach Nr. 3309 VV RVG abgegolten ist, die Gebühr dementsprechend aber auch schon entstehen lässt, § 19 Abs. 2 Nr. 5 RVG.[74] Über den Wortlaut hinaus gilt dies nicht nur für die Androhung von Ordnungsgeld, sondern auch für die Androhung von Ordnungshaft.[75] Die Gebühr entsteht nicht erst mit dem tatsächlichen Antrag auf Androhung der Festsetzung eines Ordnungsmittels nach § 890 ZPO, sondern, wie jede Verfahrensgebühr, bereits mit den hierauf gerichteten vorbereitenden Handlungen, etwa der vorherigen Ankündigung eines solchen Antrages gegenüber dem Schuldner, um diesen (noch einmal) zu einem verurteilungskonformen Verhalten zu bewegen.

 

Rz. 82

 

Hinweis

Soweit nach der Androhung kein weiterer Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsmittels mehr erforderlich ist, kann die Erstattungsfähigkeit der allein auf der Androhung beruhenden 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG in Zweifel gezogen werden. War die Aufnahme der Androhung schon in dem Urteil möglich, fehlt es für das isolierte Vorgehen an der für die Erstattung nach § 788 ZPO notwendigen Erforderlichkeit.

 

Rz. 83

Jede Verurteilung – nicht also jeder Antrag – auf ein Ordnungsmittel stellt nach § 18 Abs. 1 Nr. 14 RVG eine besondere Angelegenheit dar, so dass bei mehreren aufeinanderfolgenden Verurteilungen immer wieder eine erneute 0,3-Verfahrensgebühr anfällt. Auch hier gilt, dass über den Wortlaut hinaus nicht nur die Verurteilung zu Ordnungsgeld, sondern auch die Verurteilung zu Ordnungshaft eine besondere Angelegenheit darstellt. Für den ersten Antrag und die darauf folgende Verurteilung jedoch nur dann, wenn nicht schon die isolierte Androhung die Gebühr hat entstehen lassen.

Allein der erneute Antrag auf Verurteilung zu einem Ordnungsmittel kann die 0,3-Verfahrensgebühr als besondere Angelegenheit nur auslösen, wenn es sich um einen gesonderten, neuen Verstoß gegen die Verpflichtung aus § 890 ZPO handelt. Im Einzelfall muss abgegrenzt werden, ob ein von dem fortgesetzten Ausgangsverstoß zu unterscheidender neuer Verstoß vorliegt.

Handelt es sich um mehrere Schuldner, fällt für jeden Schuldner die 0,3-Verfahrensgebühr gesondert an. Dabei bleibt unerheblich, dass die Vollstreckung auf nur einem Titel beruht und auch nur ein einheitlicher Auftrag erteilt wurde, der in einem einheitlichen Antrag mündete.

 

Rz. 84

 

Hinweis

Dieser Umstand wird immer wieder übersehen, so dass hier viele Gebühren verschenkt werden. Ein konsequentes Gebührenmanagement vermeidet dies.

 

Rz. 85

Da die Verurteilung durch das Prozessgericht erster Instanz zu erfolgen hat, ist grundsätzlich auch der Anfall der Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV RVG denkbar. In der Praxis ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung allerdings nicht üblich. Vielmehr wird durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden.

 

Rz. 86

 

Hinweis

Im Einzelfall kann es sinnvoll sein, eine mündliche Verhandlung anzuregen, um unter Vermittlung des Gerichtes einen möglichen Streit um die Auslegung der tenorierten Verpflichtung beizulegen. In diesem Fall kann nicht nur die 0,3-Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV RVG entstehen, sondern auch eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV RVG.

 

Rz. 87

Der Schuldner kann neben dem Ordnungsmittel nach § 890 Abs. 3 ZPO auf Antrag des Gläubigers auch zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden. Diese Verurteilung stellt nach § 18 Abs. 1 Nr. 15 RVG eine eigene besondere Angelegenheit dar. Wird dieser Antrag isoliert gestellt, fällt also eine eigene 0,3-Verfahrensgebühr an. Wird er mit einem Antrag auf Verurteilung zu einem Ordnungsmittel verbunden, fallen zwei 0,3-Verfahrengebühren an. Wird die Sicherheit später zurückgewährt, gehört dies nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG zum Hauptantrag und löst keine weitergehenden Gebühren aus.[76]

 

Rz. 88

Der Gegenstandswert bestimmt sich nach dem Interesse des Gläubigers an der Erzwingung der Unterlassung oder Duldung, dem Erzwingungsinteresse.[77] Der Wert ist damit zu schätzen. Nicht maßgeblich ist dagegen die Höhe des jeweils festzusetzenden Zwangsgeldes.[78] Die wohl überwiegende Rechtsprechung erachtet einen Bruc...

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