Rz. 44

Die nachfolgende Darstellung folgt den verschiedenen Vollstreckungsmaßnahmen und stellt die im Zusammenhang anfallenden Gebühren dar.

I. Die gütliche Erledigung nach § 802b ZPO

 

Rz. 45

Nach § 802b Abs. 1 ZPO hat der Gerichtsvollzieher in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Diese Aufgabe gehört zu seinen Regelbefugnissen nach § 802a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO und zwar nach S. 2 der Vorschrift auch dann, wenn sie nicht besonders beauftragt wird. Soll eine gütliche Erledigung ausgeschlossen werden, muss dies im Vollstreckungsauftrag ausdrücklich angegeben werden.[36]

Die kraft Gesetzes oder ausdrücklich beauftragte gütliche Einigung stellt vor diesem Hintergrund eine eigene Vollstreckungsangelegenheit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG dar und löst damit die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus.[37] Dies gilt unabhängig von der Frage, ob ein isolierter oder ein bedingt kombinierter Antrag auf gütliche Erledigung vorliegt.[38] Eine der Anm. zu Nr. 207 KV GvKostG vergleichbare Einschränkung fehlt bei Nr. 3309 VV RVG.

 

Rz. 46

 

Hinweis

Sofern der RA sowohl die gütliche Erledigung als auch – bedingt durch den Misserfolg der versuchten gütlichen Erledigung – eine Folgemaßnahme, etwa eine Vermögensauskunft oder eine Sachpfändung, beauftragt, fällt zunächst die 0,3-Verfahrengebühr für die gütliche Erledigung und – wenn es zu Folgemaßnahmen kommt – auch die 0,3-Verfahrensgebühr für diese Vollstreckungsmaßnahme an.

Im Fall der Kombination der gütlichen Erledigung mit der Vermögensauskunft ergibt sich dies daraus, dass die gütliche Erledigung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b ZPO als Vollstreckungsmaßnahme nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG als besondere Angelegenheit gilt, während die Vermögensauskunft nach § 18 Abs. 1 Nr. 16 RVG eine gesonderte besondere Angelegenheit darstellt.

In Kombination mit der Sachpfändung ist zu sehen, dass die gütliche Erledigung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 1, 802b ZPO und die Sachpfändung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 4, 808 ZPO jeweils eine Vollstreckungsmaßnahme darstellen und § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG "jede" Vollstreckungsmaßnahme als besondere Angelegenheit ansieht. Die gütliche Erledigung nach § 802b ZPO ist auch nicht lediglich eine vorbereitende Vollstreckungshandlung,[39] was sich schon aus ihrer eigenständigen Erwähnung in § 802a Abs. 2 Nr. 1 ZPO ergibt. Auch in der Sache liegt darin keine Vorbereitung der weiteren Vollstreckung, sondern ja gerade der Versuch, diese durch eine vom vollständigen Forderungsausgleich abweichende Verfahrensweise abzuwenden. Ihr kommt nämlich nach der gesetzlichen Regelung ein Vollstreckungsaufschub zu. Der vorbereitende Charakter scheitert auch daran, dass die Maßnahme nach § 802b ZPO selbstständig für sich stehen und auch isoliert beauftragt werden kann. Die andere Sichtweise übersieht den Wertungswiderspruch zu § 18 Abs. 1 Nr. 16 RVG. In der Praxis werden so auch durchgehend zwei 0,3-Verfahrensgebühren zuerkannt, wenn zunächst isoliert die gütliche Einigung beauftragt wird und später eine andere Vollstreckungsmaßnahme. Dann kann aber nicht anderes gelten, wenn der Auftrag gleichzeitig, aber bedingt erteilt wird.

[36] Ausführlich zur Antragstellung bei gütlicher Einigung Goebel, AnwaltFormulare Zwangsvollstreckung, 5. Aufl. 2016.
[37] Zöller/Stöber, ZPO, § 802b Rn 25; Enders, RVG, S. 585.
[38] A.A. Enders, RVG, S. 585.
[39] So aber Enders, RVG, S. 585, ohne nähere Begründung, warum es sich um eine vorbereitende Vollstreckungshandlung handeln soll.

II. Einigungsgebühr bei gütlicher Erledigung

 

Rz. 47

Die allgemeinen Gebühren, darunter die Einigungsgebühr nach Nr. 1000, 1003 VV RVG wurden bereits oben in § 3 Rdn 1 ff. dargestellt. Danach gilt:

Kommt es zu einer gütlichen Einigung zwischen dem Gerichtsvollzieher und dem Schuldner, fällt die Einigungsgebühr bei dem RA nicht an, weil der Gerichtsvollzieher nicht als Vertreter des Gläubigers handelt und es deshalb nicht zu einer Einigung zwischen den Parteien kommt.[40]

 

Hinweis

Auch wenn dies in der Sache vor dem Hintergrund des Aufwandes des RA und seines Haftungsrisikos sachlich nicht gerechtfertigt erscheint, ist diese Rechtsprechung doch hinzunehmen. Es ergibt sich insoweit auch ein Wertungswiderspruch, wenn der Schuldner auf die angekündigte Vollstreckung des Gerichtsvollziehers hin auf den Gläubiger zugeht und unter Mitwirkung des RA mit diesem eine Einigung über den ratenweisen Forderungsausgleich erzielt. In diesem Fall fällt die Einigungsgebühr an. Es wäre wünschenswert, wenn der Gesetzgeber insoweit dem RA de lege ferenda die Einigungsgebühr in beiden Fällen zubilligen würde.

Nimmt der Schuldner die angekündigte Vollstreckung des Gerichtsvollziehers zum Anlass, mit dem Gläubigervertreter Kontakt aufzunehmen und wird in dessen Folge eine unmittelbare Einigung zwischen den Parteien erreicht, so fällt eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nr. 1003 i.V.m. Anm. 1 S. 3 zu Nr. 1003 VV RVG an.

 

Hinweis

Beschränkt sich diese auf eine reine Zahlungsvereinbarung, so ist die Streitwertbegrenzung nach § 31b RVG zu beachten, die die allgemeine Bestimmung in § 25 Abs. 1 RVG verdrängt. Danach beträgt der Stre...

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