Rz. 10

Für die Kostenabrechnung in Zwangsvollstreckungssachen haben sich mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) andere Abrechnungsnormen, aber auch inhaltliche Änderungen gegenüber der BRAGO ergeben, die gleichwohl in der Langzeitüberwachung – die Forderungen mit Ausnahme der Zinsen (§ 197 Abs. 2 BGB) verjähren frühestens nach 30 Jahren (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB) – noch ihre Bedeutung hat.

 

Rz. 11

Das RVG findet nach § 61 RVG nur dann Anwendung, wenn der unbedingte Auftrag zur Zwangsvollstreckung nach dem 30.6.2004 erteilt worden ist.[3] Soweit der unbedingte Auftrag zuvor erteilt worden ist, finden noch die Regelungen der BRAGO Anwendung.[4] Die BRAGO ist also noch wesentlich, wenn anwaltliche Gebühren und Auslagen für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Rahmen von § 788 ZPO begehrt werden, die noch in Anwendung der BRAGO entstanden sind, d.h. aufgrund eines vor dem 1.7.2004 erteilten Auftrages. Nach § 60 RVG gilt die gleiche Systematik bei jeder Änderung des RVG, insbesondere also für die wesentliche Änderung in der Systematik des RVG – geänderte Streitwertgrenzen – und die erhebliche Erhöhung der Gebühren und Auslagen mit dem 2. KostRModG zum 1.8.2013.

 

Rz. 12

 

Hinweis

Im Hinblick auf die (zumindest) 30-jährige Verjährungsfrist titulierter Forderungen nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB[5] können sich erhebliche Probleme bei der Begründung der Gebühren in einer mehrjährigen Beitreibungsbearbeitung ergeben. Es kann sich deshalb empfehlen, in regelmäßigen Abständen von der Festsetzungsmöglichkeit nach § 788 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO Gebrauch zu machen. Die Kostenfestsetzung schafft einen eigenständigen Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und entzieht die Kostenforderungen der Diskussion.[6] Aufgrund der identischen Zuständigkeit empfiehlt sich die Verbindung eines solchen Antrags mit dem Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.

 

Rz. 13

Die nachfolgenden Ausführungen erläutern zunächst die anwaltlichen Gebühren in der Mobiliarzwangsvollstreckung. Der Schuldner hat die anwaltliche Vergütung nach § 788 ZPO zu erstatten. Gleiches gilt für die Vergütung der nach § 79 Abs. 2 Nr. 4 ZPO zulässigen Tätigkeit eines Inkassounternehmens in der Zwangsvollstreckung, § 4 Abs. 4 RDGEG.

[3] Zur Frage, wann ein unbedingter Auftrag vorliegt und welche Probleme mit der Übergangsregelung verbunden sind, vgl. Goebel, Die Übergangsregelungen anlässlich des Inkrafttretens des RVG, RVG-Berater 2004, 38.
[4] Es wird davon ausgegangen, dass dies nur noch in Einzelfällen vorkommt, so dass hier auf eine entsprechende Darstellung verzichtet wird. Es muss insoweit auf die einschlägige Kommentarliteratur verwiesen werden.
[5] Nicht vergessen werden darf, dass titulierte künftige Zinsen nur einer wesentlich kürzeren dreijährigen Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 2 BGB unterfallen, was eine verjährungsverlängernde Vereinbarung nach § 202 Abs. 2 BGB oder regelmäßige Maßnahmen zum Neubeginn der Verjährung nach § 212 BGB erfordert.
[6] Daneben wird der Aufwand für die Ein- und Aussortierung und Verwahrung einer Vielzahl von Belegen ebenso reduziert wie der Portoaufwand und die Gefahr eines unwiederbringlichen Verlustes von Belegen über Aufwendungen.

I. Der gebührenrechtliche Begriff der Zwangsvollstreckung

 

Rz. 14

Der prozessrechtliche Begriff der Zwangsvollstreckung weicht von dem gebührenrechtlichen Begriff ab, was sich auswirkt, wenn der RA, vor allem aber auch ein registrierter Inkassodienstleister, den Gläubiger – oder auch Schuldner – nicht schon im Erkenntnisverfahren vertreten hat.

 

Rz. 15

Zu beachten sind folgende Fälle:

Die Beantragung einer Vollstreckbarkeitserklärung bei Schiedssprüchen oder Anwaltsvergleichen führt erst zur Schaffung eines Vollstreckungstitels, ist also noch nicht Teil der Zwangsvollstreckung. Die Vergütung des beantragenden RA richtet sich also nach Nr. 3100 VV RVG und nicht nach Nr. 3309 VV RVG.[7]

Im Einzelfall muss geprüft werden, ob eine Angelegenheit noch mit der Tätigkeit im Hauptverfahren abgegolten ist, so dass die gesonderte Gebühr nach Nr. 3309 VV RVG nur der RA erhält, der im Hauptsacheverfahren noch nicht beauftragt war. Dies gilt etwa für die erste Erteilung der ersten vollstreckbaren Ausfertigung, § 19 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 13 i.V.m. §§ 17 und 18 VV RVG.

 

Hinweis

Dies ist besonders zu beachten, wenn es nach der Titulierung eines streitigen Anspruchs zum Bearbeiterwechsel kommt. Der neue RA verdient dann schon die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG mit der Beantragung der vollstreckbaren Ausfertigung. Allerdings wird es sich vielfach nicht auswirken, weil die anschließende Zahlungsaufforderung und die dann folgende Vollstreckungsmaßnahme insgesamt nur eine Angelegenheit darstellen und deshalb insgesamt nur einmal die 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG anfällt. Jedoch darf nicht vergessen werden, die Gebühr auch dann geltend zu machen, wenn aufgrund aktueller Informationen nach der Erteilung der Ausfertigung von der Vollstreckung Abstand genommen wird oder es zu einer abschließend erfüllenden Zahlung des Schuldners kommt, bevor die weite...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge