Rz. 21

Die Rspr. zu der Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft hat sich unter Berücksichtigung der Rspr. des EuGH grundlegend geändert. Nachdem das BAG in einer Entscheidung v. 20.2.1986 die Frage dann für zulässig hielt, wenn sich um den zu besetzenden Arbeitsplatz nur Frauen beworben haben (BAG v. 20.2.1986, DB 1986, 2287), beschränkte der 2. Senat das Fragerecht in nachfolgenden Entscheidungen auf die Fälle, in denen die Tätigkeit aufgrund einer Schwangerschaft überhaupt nicht ausgeübt werden könne, etwa eine Tätigkeit als Mannequin oder Tänzerin, wegen eines Beschäftigungsverbotes nicht aufgenommen werden dürfe oder wenn die Frage im Interesse des Schutzes für Mutter und Kind notwendig sei (vgl. BAG v. 15.10.1992 – 2 AZR 227/92, DB 1993, 435; BAG v. 1.7.1993, DB 1993, 1978).

 

Rz. 22

Nachdem der EuGH nunmehr in st. Rspr. entschied, dass die Frage nach der Schwangerschaft eine unmittelbare Frauendiskriminierung darstellt (EuGH v. 8.11.1990 – C 177/88, NZA 1991, 171; EuGH v. 3.2.2000, NZA 2000, 255; EuGH v. 27.2.2003, NJW 2003, 1107) hält auch das BAG an seiner bisherigen Rspr. nicht mehr fest. In seiner Entscheidung v. 6.2.2003 folgt der Senat der Rspr. des EuGH und verneint die Zulässigkeit der Frage sogar dann, wenn einer Beschäftigung der Frau von vornherein ein mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot entgegensteht. Das vorübergehende Beschäftigungshindernis trete bei wertender Einbeziehung des Schutzzwecks der RL 76/207/EWG zurück. Ein bestimmtes Geschlecht sei nicht "unverzichtbare Voraussetzung" für die auszuübende Tätigkeit.

 

Rz. 23

Insb. nach dem Inkrafttreten des AGG wird damit die Frage nach einer bestehenden oder beabsichtigten Schwangerschaft generell unzulässig sein.

 

Rz. 24

Auch eine Unterscheidung zwischen unbefristeten und befristeten Arbeitsverhältnissen wird es seit der Entscheidung des EuGH v. 4.10.2001 – C 109/00, NZA 2001, 1241, nicht mehr geben. Da dieses Urteil feststellt, dass auch befristete Verträge nicht vom Diskriminierungsschutz ausgenommen sind, dürfte die Frage nach der Schwangerschaft selbst dann unzulässig sein, wenn das eingegangene befristete Arbeitsverhältnis überhaupt nicht realisiert werden konnte. Soweit dies in Einzelfällen zu einer unbilligen Härte führt, kommt eine Korrektur möglicherweise mit dem Institut des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens in Betracht (vgl. insoweit Thüsing/Lambrich, BB 2002, 1146, 1147).

 

Rz. 25

Unter Berücksichtigung der Rspr. des EuGH und des BAG kommt auch eine Anfechtung des Arbeitsvertrags nicht in Betracht, wenn die Bewerberin die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft wahrheitswidrig verneint (so auch LAG Hamm v. 1.3.1999 – 19 Sa 2596/98, DB 1999, 2114).

 

Rz. 26

Die Vorlage eines negativen Schwangerschaftstestes kann vom Arbeitgeber ebenfalls nicht verlangt werden (LAG Düsseldorf v. 16.6.1976, DB 1977, 1196). Des Weiteren sind Fragen nach der letzten Regel (BAG v. 11.11.1993 – 2 AZR 467/93, AP Nr. 38 zu § 123 BGB = NJW 1994, 1363) sowie nach der Einnahme empfängnisverhütender Mittel unzulässig.

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