Rz. 85

Die wesentlichen Grundsätze der in der Einbruchdiebstahlversicherung geltenden Beweiserleichterungen wurden für die Kraftfahrtversicherung entwickelt. Zentrale Entscheidung ist dabei das Urteil des BGH vom 5.10.1983.[136] Danach hat der Versicherungsnehmer zum Nachweis des Versicherungsfalles lediglich Tatsachen zu beweisen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines versicherten Diebstahls ergeben. Für den Nachweis der so genannten Mindesttatsachen, aus denen sich das äußere Bild der Entwendung ergibt, bedarf es eines Vollbeweises durch den Versicherungsnehmer.[137]

 

Rz. 86

Dem Versicherungsnehmer obliegt somit nach den allgemeinen Regen die Beweislast für seine Behauptung, der Versicherungsfall (Einbruchdiebstahl) sei eingetreten. Grundsätzlich hat er daher Vollbeweis i.S.v. § 286 Abs. 1 ZPO zu führen. Die Rechtsprechung hat zugunsten des Versicherungsnehmers einige Beweiserleichterungen entwickelt, da es für den Versicherungsnehmer oft schwierig ist, einen solchen Diebstahl zu beweisen. Ein solcher Diebstahl geschieht meistens im Verborgenen und ohne Tatzeugen. Die hierdurch entstehende Beweisnot ist mit dem Zweck des Versicherungsvertrags nicht zu vereinbaren, da der vertraglich versprochene und durch Prämien bezahlte Versicherungsschutz ansonsten entwertet würde. Aus diesem Grund ist zur Verwirklichung des Versicherungsvertragszwecks nach der Rechtsprechung eine Beweiserleichterung geboten. Sie gilt insbesondere für den Nachweis des Einbruchdiebstahls.[138]

Nach diesen Grundsätzen hat der Versicherungsnehmer lediglich zu beweisen, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den versicherten Diebstahl besteht. "Hinreichend" bedeutet dabei weniger als "überwiegend". Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit kann also weniger als 50 % betragen.[139]

Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit kann auf verschiedenste Arten dargelegt werden. Eine solche hinreichende Wahrscheinlichkeit ergibt sich nach der Rechtsprechung insbesondere daraus, dass der Versicherungsnehmer objektive Tatsachen, soweit sie nicht schon unstreitig feststehen, beweist, aus denen sich das "äußere Bild" ergibt, wie es üblicherweise nach einer versicherten Entwendung vorhanden ist. Zu diesem äußeren Bild gehört ein Mindestmaß an objektiven Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf eine versicherte Entwendung zulassen. Umstände, die gegen die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers sprechen, bleiben dabei außer Betracht. Sie werden erst im Rahmen des Gegenbeweises des Versicherers berücksichtigt (in der sog. 2. Stufe).[140]

 

Rz. 87

Die für die Kraftfahrtversicherung entwickelten Grundsätze sind schon deshalb nicht ohne Ergänzung auf die Einbruchdiebstahlversicherung übertragbar, da die Kraftfahrtversicherung für die Entwendung der versicherten Sachen lediglich einen einfachen Diebstahl erfordert. Das "äußere Bild" eines solchen Diebstahls erschließt sich bereits aus den vom Versicherungsnehmer bewiesenen Tatsachen, dass die versicherte Sache vor dem behaupteten Diebstahl am Versicherungsort vorhanden war und nach dem behaupteten Diebstahl dort nicht mehr vorgefunden wurde.[141]

Da die Einbruchdiebstahlversicherung demgegenüber stets eine Entwendung versicherter Sachen durch einen qualifizierten Diebstahl erfordert, müssen vom Versicherungsnehmer weitere Mindesttatsachen nachgewiesen werden, aus denen sich das äußere Bild eines qualifizierten Diebstahls erschließt. Welche Mindesttatsachen hierfür erforderlich sind, ist je nach Tatbestand des qualifizierten Diebstahls unterschiedlich zu beantworten.

 

Rz. 88

Soll die Entwendung durch einen Einbruchdiebstahl erfolgt sein, fordert die einhellige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich den Nachweis des Versicherungsnehmers, dass Einbruchspuren am Versicherungsgebäude vorhanden sind.[142] Beim Einbruchdiebstahl ist es – wenn kein Nachschlüsseldiebstahl in Betracht kommt – somit zusätzlich zum äußeren Bild eines einfachen Diebstahls erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich Einbruchspuren feststellen lassen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie den Einbruch als möglich erscheinen lassen, weil sonst ein Einbruch nicht hinreichend wahrscheinlich ist. Allerdings müssen die Einbruchspuren mit dem behaupteten Schadenshergang vereinbar sein.[143] D.h. mit anderen Worten, es muss sich um stimmige, mit dem behaupteten Einbruch korrespondierende Spuren handeln.

In diesem Zusammenhang ist auf die Entscheidung des BGH vom 8.4.2015 einzugehen.[144] In dieser Entscheidung hält der BGH zunächst zutreffend an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass das äußere Bild "stimmige", d.h. geeignete Einbruchspuren voraussetzt.[145]

Der Versicherungsnehmer muss demnach "nur" beweisen, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den versicherten Diebstahl besteht. Der Nachweis setzt, so zutreffend der BGH in seiner Entscheidung vom 8.4.2015 – entgegen dem OLG Frankfurt a.a.O.[146] –, nicht voraus, dass die vorge...

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