Rz. 124

Gemäß § 4 Nr. 3 AERB 87 (A §§ 6 Nr. 3 AERB 2008, 2010) werden besonders wertvolle Sachen wie Bargeld, Urkunden, Münzen, Edelmetalle usw. nur dann unter Versicherungsschutz gestellt, wenn sie in verschlossenen Behältnissen verwahrt werden.

Die wörtliche Auslegung des Begriffes "Behältnis" schließt aus, dass hiervon auch ein Zimmer, ein sonstiger Raum bzw. ein Gebäudeteil mit umfasst wird. Dies gilt auch dann, wenn sie verschlossen und gut gesichert sind und im Einzelfall die gleiche Sicherheit bieten würden wie ein verschlossenes Behältnis in einem unverschlossenen Zimmer.[228] Einzige Ausnahme hiervon sind Tresorräume.[229]

Die Behältnisse müssen so gestaltet sein, dass sie Schutz auch gegen die Wegnahme des Behältnisses selbst bieten. Andernfalls wären beispielsweise bereits Briefumschläge ausreichende ­Sicherungseinrichtungen gegen die Wegnahme versicherter Sachen durch Dritte.[230]

 

Rz. 125

Keine Behältnisse im Sinne der Versicherungsbedingungen sind:

leicht transportierbare Schmuck- und Geldkassetten,[231]
Gepäckstücke,[232]
Kosmetikboxen,
Registrierkassen.[233]
 

Rz. 126

Demgegenüber wurden folgende Gegenstände als "Behältnisse" qualifiziert:

Möbelstücke,[234]
verschließbare Schubfächer in Möbelstücken,[235]
Schreibtische und Sekretäre,[236]
in Schränken fest angeschraubte Kassetten,[237]
Kästen, die an Türen befestigt sind.[238]
 

Rz. 127

Ob bestimmte entwendete Gegenstände als "Wertsachen" i.S.d. § 4 Nr. 3 AERB 87 (A §§ 6 Nr. 3 AERB 2008, 2010) zu qualifizieren sind, soll nach Ollick[239] nicht vom objektiven Wert der Gegenstände, sondern von seinem äußeren Schein abhängen, da das Erscheinungsbild der Gegenstände die erhöhte Gefahr eines Einbruchdiebstahls begründet. Diese Auffassung vermag nur dann zu überzeugen, wenn der äußere Schein einer vermeintlichen Wertsache erst den Anreiz für den Einbruchdiebstahl des Täters begründete. Liegt hingegen eine Wegnahme "gelegentlich" eines Einbruchdiebstahls vor, wird durch objektiv nicht werthaltige Gegenstände kein erhöhtes Diebstahlrisiko begründet. Dann kann vom Versicherungsnehmer auch nicht gefordert werden, derartige Gegenstände in besonderem Maße vor dem Zugriff Dritter zu schützen.

 

Rz. 128

Um von einem "verschlossenen" Behältnis sprechen zu können, muss jede seiner Öffnungen durch ein Schloss gesichert sein.[240] Auf den Status als "verschlossenes Behältnis" übt es keinen Einfluss aus, ob der dazu passende Schlüssel verlorengegangen ist. In diesem Fall kann allerdings eine Gefahrerhöhung vorliegen.[241]

Kein verschlossenes Behältnis liegt vor, wenn der Schlüssel im Schloss noch steckt oder unmittelbar neben dem Schloss liegt. Für einen fehlenden Verschluss eines Schlosses soll es bereits ausreichen, dass sich der Schlüssel in demselben Zimmer befindet oder in einem anderen Zimmer derselben Wohnung liegt und leicht zu finden ist.[242] Diese Auffassung begegnet bereits unter Berücksichtigung einer wörtlichen Auslegung des Begriffes "verschlossenes Behältnis" Bedenken. Im Übrigen erfordert die gezielte Suche nach nicht offensichtlich zugänglichen Schlüsseln eine erhöhte kriminelle Energie des Täters. Im Ergebnis wird ein unter Verschluss gehaltenes Schloss deshalb nicht dadurch "unverschlossen", dass der Täter den Schlüssel nach einiger Suche in nicht unmittelbarer Nähe zum Behältnis findet. In Fällen dieser Art drängt sich allenfalls der Vorwurf einer Gefahrerhöhung oder einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles auf. Das OLG Koblenz hat in seiner Entscheidung vom 29.11.2012[243] dargelegt, dass der Annahme eines "verschlossenen Behältnisses" nicht entgegensteht, dass der Schlüssel des Behältnisses in einem anderen Raum in einem Hohlraum zwischen Decke und Holzdecke versteckt war, so dass ein möglicher Täter den Schlüssel nicht ohne Weiteres und ohne eigene Anstrengungen in unmittelbarer Griffnähe zum Bestimmungsschloss des Behältnisses hätte auffinden können. Die Kenntnis des Täters vom Aufbewahrungsort des Tresorschlüssels ist auch nicht mit dem Fall gleichzusetzen, dass der den Schlüssel griffbereit in der Nähe des Tresors vorfindet und deshalb der Tresor nicht mehr als "verschlossen" anzusehen ist. Allein nach dem Wortlaut ist ein Behältnis bereits dann "verschlossen", wenn der Verrichtungsmechanismus betätigt wurde, ohne dass es dabei im strengen Sinne des Wortlautes darauf ankommen kann, wo sich der Schlüssel zu dem Behältnis letztlich befindet. Da Versicherungsbedingungen nach der Rechtsprechung des BGH[244] nicht gesetzesähnlich, sondern so auszulegen sind, wie sie ein durchschnittlicher VN bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss, kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an, der sich in erster Linie am Bedingungswortlaut orientieren wird. Da der Wortlaut der Klausel jedoch allein an das objektive Merkmal "verschlossen" anknüpft, kann die Kenntnis des Täters vom Aufbewahrungso...

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