Rz. 30

Neben der Vorschrift des § 2050 Abs. 1 und 2 BGB sieht das Gesetz als weiteren gesetzlichen Ausgleichungstatbestand in § 2057a BGB eine Ausgleichungspflicht für sog. Sonderleistungen[35] von Abkömmlingen gegenüber dem Erblasser vor. Diese Sonderleistungen können durch Mitarbeit[36] des Abkömmlings, durch erhebliche Geldleistungen oder durch sonstige Zuwendungen an den Erblasser, die sich in bestimmter Weise werterhaltend ausgewirkt haben, erbracht werden. Bei dem Tatbestand des § 2057a BGB handelt es sich grundsätzlich um eine gesetzliche Vermutungsregelung, die durch einen entgegenstehenden Erblasserwillen widerlegt werden kann.[37]

 

Rz. 31

Ein Ausgleichungsanspruch eines Abkömmlings für die Sonderleistung entsteht aber nur dann, wenn die Leistung vom Abkömmling unentgeltlich erbracht wurde und ihm hierfür kein Anspruch aufgrund eines anderen Rechtsgrundes zusteht, vgl. § 2057a Abs. 2 BGB. Ist für die Leistung, die der Abkömmling erbracht hat, bereits ein entsprechendes Entgelt gezahlt worden (z.B. Zahlungen aus der Pflegeversicherung), entfällt eine Ausgleichungspflicht unter den Abkömmlingen, sofern es sich hierbei um eine angemessene Vergütung handelte. War die Vergütung nicht angemessenen, so liegt eine teilweise Unentgeltlichkeit vor mit der Folge, dass der unentgeltliche Teil noch zur Ausgleichung zu bringen ist.[38] Maßstab ist dabei, was objektiv für die erbrachte Leistung gefordert werden kann. Eine Vergütung des Abkömmlings, die aufgrund verwandtschaftlicher Beziehung nur unwesentlich unter dem objektiv Üblichen lag, kann keine Ausgleichungspflicht begründen. Dies kann bereits dem Tatbestandsmerkmal des § 2057a Abs. 1 S. 1 BGB, wonach die Leistung des Abkömmlings "im besonderen Maße" zur Vermögensmehrung beigetragen haben muss, entnommen werden.[39]

 

Rz. 32

Ist dem Abkömmling seitens des Erblassers für seine Leistung eine Vergütung versprochen worden, kann der Abkömmling die Voraussetzungen für diese Ansprüche nicht nachweisen und daher nicht im Erbfall als Nachlassverbindlichkeit nach § 1967 BGB geltend machen, wird eine Entgeltlichkeit mangels Durchsetzbarkeit des Anspruchs abgelehnt.[40] Dies soll auch dann gelten, wenn der Anspruch bereits verjährt ist und dem Abkömmling die Einrede der Verjährung entgegengehalten wird.[41] Begründet wird dies grundsätzlich damit, dass durch die Nichtgeltendmachung bzw. die nicht mehr bestehende Möglichkeit der Geltendmachung eine automatische Vermehrung des Erblasservermögens entstanden ist und die übrigen Abkömmlinge durch das Unterlassen der Geltendmachung einen ungerechten Vorteil erhalten.[42] Hat der Abkömmling dagegen auf seinen Anspruch verzichtet, scheidet eine Ausgleichungspflicht aus.[43]

 

Rz. 33

 

Praxishinweis

Bei § 2057a BGB handelt es sich um eine sog. Billigkeitsregelung, die für diejenigen Abkömmlinge, die im Verhältnis zu den übrigen Abkömmlingen einen erheblichen Beitrag zur Erhaltung oder Mehrung des Erblasservermögens beigetragen haben, einen Ausgleich schafft. Haben alle Abkömmlinge in der vorgenannten Art und Weise Leistungen gegenüber dem Erblasser erbracht, so können nur diejenigen Leistungen, die sich von der Dauer und vom Umfang her deutlich von denen der anderen unterscheiden, eine Ausgleichungspflicht begründen.

 

Rz. 34

Eine gesetzliche Verpflichtung des Abkömmlings zur Erbringung der Leistungen, wie z.B. nach § 1619 BGB, steht nach Ansicht des BGH einer Ausgleichung nach § 2057a BGB nicht entgegen.[44]

[35] Soergel/Wolf, § 2057a Rn 4.
[36] Zur Mitarbeit im Haushalt des Erblassers vgl. OLG Oldenburg FamRZ 1999, 1466.
[37] Vgl. hierzu Damrau, FamRZ 1969, 581.
[38] MüKo-BGB/Ann, § 2057a Rn 31.
[39] Vgl. hierzu MüKo-BGB/Ann, § 2057a Rn 31.
[40] Vgl. hierzu Palandt/Weidlich, § 2057a Rn 2; Damrau, FamRZ 1969, 581.
[41] A.A. lediglich Firsching, Rpfleger 1970, 53.
[42] Soergel/Wolf, § 2057a Rn 15.
[43] MüKo-BGB/Ann, § 2057a Rn 33.
[44] BGH NJW-RR 1993, 1197.

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