Rz. 77

Die zentrale Vorschrift für die Einführung des FaER ist § 4 StVG,[62] der vollständig geändert worden ist. Das Fahreignungs-Bewertungssystem wendet sich an Fahrerlaubnisinhaber – nun aber auch durch die 10. VO an Radfahrer, die wiederholt gegen die Sicherheit des Straßenverkehrs verstoßen oder straßenverkehrsrechtliche oder gefahrgutbeförderungsrechtlichen Vorschriften nicht beachtet haben. Die zuständigen Landesbehörden sollen sodann die entsprechenden Maßnahmen ergreifen. Hierbei sollen Maßnahmen zur Rettung vor Gefahren für Leib und Leben von Menschen oder aber zivilrechtliche Ansprüche der Unfallbeteiligten im Fokus stehen.

Dabei sind das Fahreignungs-Bewertungssystem wie auch die Regelungen über die Fahrerlaubnis auf Probe gleichberechtigt in Anwendung zu bringen (§ 4 Abs. 1 StVG).

 

Rz. 78

Die Verstöße werden wie folgt qualifiziert:

 
Punkte Verstoß Folge für die Verkehrssicherheit
1 Verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten leichtere Nachteile für die Verkehrssicherheit
2 Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern sie nicht von Nummer 1 erfasst sind, und besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende oder gleichgestellte Ordnungswidrigkeiten grobe Verkehrsordnungswidrigkeiten
3 Straftaten mit Bezug auf die Verkehrssicherheit oder gleichgestellte Straftaten, sofern in der Entscheidung über die Straftat die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 69 und 69b des Strafgesetzbuches oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 S. 3 des Strafgesetzbuches angeordnet worden ist schwerwiegende Nachteile für die Verkehrssicherheit mit Entziehung der Fahrerlaubnis oder Anordnung einer isolierten Sperre

Als verkehrssicherheitsrelevante Zuwiderhandlungen mit einem Punkt werden Verkehrsordnungswidrigkeiten bewertet, die leichtere Nachteile für die Verkehrssicherheit erkennen lassen.

Als besonders verkehrssicherheitsbeeinträchtigende Ordnungswidrigkeiten werden diese mit zwei Punkten gewichtet, mithin also die Verstöße, die nicht mehr nur kleine Nachteile mit sich bringen, sondern beträchtliche Gefahren in sich bergen. Hier sind beispielhaft erhebliche Geschwindigkeitsverstöße, Überholfehler und natürlich Trunkenheitsfahrten gemeint, die üblicherweise bislang mit Fahrverboten bewehrt waren.

Bei den Verkehrsstraftaten, die schwerwiegende Nachteile für die Verkehrssicherheit mit sich bringen, wird nach der strafrichterlichen Sanktion differenziert: Ohne diese Rechtsfolgen werden die Straftaten mit zwei Punkten, mit diesen Rechtsfolgen mit drei Punkten bewertet.

 

Rz. 79

Die Punkte ergeben sich mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sobald sie rechtskräftig sanktioniert wird. Falls auf Tateinheit entschieden worden ist, wird nur die Zuwiderhandlung mit der höchsten Punktzahl berücksichtigt, § 4 Abs. 2 S. 3 StVG.

 

Rz. 80

Satz 3 regelt, dass sich die Punkte mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben, sofern sie rechtskräftig geahndet wird. So wird der Zeitpunkt des Entstehens von Punkten und damit die rechnerische Grundlage für die Berechnung des Punktestandes festgelegt.[63] Mit der Anknüpfung an das Rechtskraftprinzip für die Entstehung der Punkte übernimmt der Gesetzgeber die Einwände des BMVBS bzw. heute BMVDI insoweit nicht, als die taktische Einlegung von Rechtsmitteln befürchtet worden war und eine Entlastung der Justiz insoweit erhofft wurde.

 

Hinweis

In der Anlage 13 zu § 40 FeV[64] ist detailliert aufgeführt, welche Verstöße auf welche Weise geahndet werden sollen. Nur wenn der Verstoß in dieser Anlage aufgeführt ist, wird er in das FaER eingetragen. Liegt ein anderweitiger Verstoß vor, der nicht in der Anlage 13 spezifiziert ist, kann er auch nicht eingetragen werden.[65]

[62] BGBl I 2013 Nr. 52, v. 30.8.2013, 3315.
[63] Dies war lange umstritten, da das damalige BMVBS im Referentenentwurf (S. 72) das Tattagsprinzip favorisierte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BVerwG, Urt. v. 25.9.2008 – 3 C 3/07, das für die Frage der Berechnung der Höhe des Punkteabzugs nach dem Punktsystem (§ 4 Abs. 4, 5 StVG in der alte Fassung) und zur Begründung maßgeblich auf die Erziehungswirkung des Systems abgestellt hatte.
[64] Zuletzt geändert durch die Neunte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, BR-Drucks 676/13 v. 20.9.2013.
[65] Reisert, § 3 Rn 8 ff.

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