Rz. 24

Führt weder der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers noch seine Staatsangehörigkeit zur Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaates, so sind gem. Art. 10 Abs. 2 EuErbVO die Gerichte jedes Mitgliedstaates zuständig, in dem sich Teile des Nachlasses befinden, und zwar gegenständlich beschränkt für das jeweils dort belegene Vermögen. Hinterlässt also z.B. ein US-Amerikaner mit gewöhnlichem Aufenthalt in Texas Eigentumswohnungen in Nizza, Rimini, Genf und Tübingen, so ergibt sich nebeneinander eine internationale gerichtliche Zuständigkeit der französischen, italienischen und deutschen Behörden, beschränkt auf die jeweils in Frankreich, Italien und Deutschland belegenen Nachlassteile.

 

Rz. 25

Das ENZ wird gem. Art. 62 Abs. 1 EuErbVO "zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat" ausgestellt. Da nach Art. 10 Abs. 2 EuErbVO die internationale Zuständigkeit auf den inländischen Nachlass beschränkt ist, darf das Gericht in diesem Fall einen Erbnachweis ausschließlich in Bezug auf den im Inland belegenen Nachlass ausstellen. Eine Ausstellung eines ENZ für die Abwicklung im Ausland scheidet damit aus. Das deutsche Gericht dürfte im Beispielsfall also allein einen BGB-Erbschein ausstellen. Auch hierfür muss sich m.E. die nachlassgerichtliche internationale Zuständigkeit nicht aus §§ 343, 105 FamFG, sondern aus dem hierzu vorrangigen Art. 10 Abs. 2 EuErbVO ergeben.[22] Damit ist die Ausstellung eines "Welterbscheins" – der im Beispielsfall die Immobilien in Nizza und Rimini erfassen würde – ausgeschlossen. Man könnte allenfalls daran denken, ob nicht zumindest der in der Schweiz belegene Nachlass abgehandelt werden könnte – ist insoweit doch kein anderer Mitgliedstaat betroffen. Aus Art. 11 EuErbVO i.V.m. Art. 10 Abs. 2 EuErbVO ergibt sich aber, dass selbst dann, wenn der Nachlass ausschließlich in Drittstaaten belegen ist, die Gerichte eines Mitgliedstaates nur in "Notfällen" tätig werden dürfen. Daher darf über die Zuständigkeit aus Art. 10 Abs. 2 EuErbVO auch kein Drittstaatsvermögen abgehandelt werden. Mithin muss ein BGB-Erbschein ausschließlich als gegenständlich auf den im Inland beschränkter Erbschein gem. § 352c FamFG erteilt werden.

[22] A.A. aber z.B. Buschbaum, in: Hager, Die neue europäische Erbrechtsverordnung, S. 60.

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