Rz. 9

Die Verhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft werden, wenn sie vom Gesetz abweichen, grundsätzlich durch Vereinbarung geregelt (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG). Daher ist im Ausgangspunkt für eine Abänderung einer Vereinbarung eine erneute Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlich. Möglich ist allerdings auch eine Abänderung der Gemeinschaftsordnung durch Beschluss. Dies sieht das Gesetz in § 12 Abs. 4 WEG zur Aufhebung von Veräußerungsbeschränkungen und in §§ 16 Abs. 2 S. 2; 21 Abs. 5 WEG zur Abänderung von Kostenregelungen vor. Darüber hinaus kann die Gemeinschaftsordnung für weitere Fälle oder auch allgemein ihre Abänderung durch Beschluss zulassen – sogenannte "Öffnungsklausel". Die Zulässigkeit einer solchen Öffnungsklausel ist seit der "Zitterbeschluss-Entscheidung" des BGH anerkannt.[16] Im Zuge der WEG-Reform 2020 hat der Gesetzgeber nunmehr vorgesehen, dass Beschlüsse, die aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasst werden, nur dann gegenüber Rechtsnachfolgern wirken, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen worden sind (§ 5 Abs. 4 S. 1 WEG). Die Eintragung setzt dabei nicht mehr zwingend die Bewilligung aller Wohnungseigentümer voraus, vielmehr genügt nach § 7 Abs. 2 WEG eine Niederschrift über die Beschlussfassung, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind. Den erforderlichen Eintragungsantrag kann jeder Eigentümer und auch der Verwalter als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stellen (§ 7 Abs. 2 S. 2 WEG).[17] Bedarf eine entsprechende Vereinbarung nach §§ 876, 877 BGB der Zustimmung von Inhabern dinglicher Rechte an den Einheiten, gilt dies auch für Beschlüsse aufgrund einer Öffnungsklausel.[18] § 5 Abs. 4 S. 1 WEG gilt nicht für solche Beschlüsse, die bereits aufgrund einer gesetzlichen Beschlusskompetenz zur Abänderung der Gemeinschaftsordnung gefasst werden, woraus sich für das Grundbuchverfahren schwierige Abgrenzungsfragen ergeben können.[19] Wenn die Öffnungsklausel Mehrheiten und besondere Beschlussvoraussetzungen vorsieht, ist zudem zu regeln, ob niedrigere gesetzliche Anforderungen damit abbedungen werden oder nicht. Immanente Grenzen einer Öffnungsklausel ergeben sich nach der Rechtsprechung aus (i) unentziehbaren, aber verzichtbaren Rechten und (ii) unentziehbaren und unverzichtbaren Rechten.[20] Eine konkretisierende Regelung hierzu erscheint kaum möglich und sinnvoll, da es sich um eine materiellrechtliche Schranke für Öffnungsklauseln handelt, deren Auswirkungen nur im Einzelfall beurteilt werden können.

[17] Hügel/Elzer, DNotZ 2021, 3 (10).
[18] Palandt/Wicke, § 5 WEG Rn 15.
[19] Ausführlich Hügel/Elzer, DNotZ 2021, 3 (9 f.).
[20] Vgl. BGH ZWE 2019, 415 (416): Einschränkung einer Kurzzeitvermietung ist Eingriff in unentziehbare, aber verzichtbare Rechtsposition, d.h. mit Zustimmung des betroffenen Eigentümers bzw. aller betroffenen Eigentümer ist eine Abänderung möglich, dazu v. Türckheim, notar 2020, 99 (101)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge