I. Muster
Rz. 8
Muster 6.3: Öffnungsklauseln
…
§ 13 Abs. 6 Gemeinschaftsordnung
Die Wohnungseigentümer können ihr Verhältnis untereinander und zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abweichend von dieser Gemeinschaftsordnung und dem Gesetz regeln, soweit dies zulässig ist. Hierzu ist grundsätzlich eine Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer erforderlich, sofern nicht bereits das Gesetz eine Abänderung durch einen Beschluss ermöglicht. Werden durch die Veränderung nicht alle Wohnungs- und Teileigentümer betroffen, genügt die Zustimmung aller durch die Änderung betroffenen Wohnungs- und Teileigentümer.
Darüber hinaus ist eine Änderung der Gemeinschaftsordnung ferner durch einen Beschluss mit einer ¾-Mehrheit von allen durch die Veränderung betroffenen Wohnungs- und Teileigentümern möglich, wenn ein sachlicher Grund für die Änderung vorliegt und einzelne Eigentümer gegenüber dem früheren Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden. Das Vorliegen eines sachlichen Grundes ist insbesondere bei einer wesentlichen Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse gegeben.
Die vorstehende Regelung dient der Erweiterung gesetzlich vorgesehener Abänderungsmöglichkeiten. Soweit das Gesetz eine Abänderung der Gemeinschaftsordnung durch Beschluss unter anderen Voraussetzungen vorsieht, bleiben diese gesetzlichen Regelungen unberührt.
Der Verwalter ist berechtigt, soweit erforderlich, im Namen der betreffenden Wohnungs- und Teileigentümer auf Kosten der Gemeinschaft die Zustimmung dinglich Berechtigter einzuholen und entgegenzunehmen. Die Kosten der ggf. erforderlichen Zustimmungen trägt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
II. Erläuterungen
Rz. 9
Die Verhältnisse der Wohnungseigentümer untereinander und zur Gemeinschaft werden, wenn sie vom Gesetz abweichen, grundsätzlich durch Vereinbarung geregelt (§ 10 Abs. 1 S. 2 WEG). Daher ist im Ausgangspunkt für eine Abänderung einer Vereinbarung eine erneute Vereinbarung der Wohnungseigentümer erforderlich. Möglich ist allerdings auch eine Abänderung der Gemeinschaftsordnung durch Beschluss. Dies sieht das Gesetz in § 12 Abs. 4 WEG zur Aufhebung von Veräußerungsbeschränkungen und in §§ 16 Abs. 2 S. 2; 21 Abs. 5 WEG zur Abänderung von Kostenregelungen vor. Darüber hinaus kann die Gemeinschaftsordnung für weitere Fälle oder auch allgemein ihre Abänderung durch Beschluss zulassen – sogenannte "Öffnungsklausel". Die Zulässigkeit einer solchen Öffnungsklausel ist seit der "Zitterbeschluss-Entscheidung" des BGH anerkannt.[16] Im Zuge der WEG-Reform 2020 hat der Gesetzgeber nunmehr vorgesehen, dass Beschlüsse, die aufgrund einer vereinbarten Öffnungsklausel gefasst werden, nur dann gegenüber Rechtsnachfolgern wirken, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragen worden sind (§ 5 Abs. 4 S. 1 WEG). Die Eintragung setzt dabei nicht mehr zwingend die Bewilligung aller Wohnungseigentümer voraus, vielmehr genügt nach § 7 Abs. 2 WEG eine Niederschrift über die Beschlussfassung, bei der die Unterschriften der in § 24 Abs. 6 WEG bezeichneten Personen öffentlich beglaubigt sind. Den erforderlichen Eintragungsantrag kann jeder Eigentümer und auch der Verwalter als Vertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stellen (§ 7 Abs. 2 S. 2 WEG).[17] Bedarf eine entsprechende Vereinbarung nach §§ 876, 877 BGB der Zustimmung von Inhabern dinglicher Rechte an den Einheiten, gilt dies auch für Beschlüsse aufgrund einer Öffnungsklausel.[18] § 5 Abs. 4 S. 1 WEG gilt nicht für solche Beschlüsse, die bereits aufgrund einer gesetzlichen Beschlusskompetenz zur Abänderung der Gemeinschaftsordnung gefasst werden, woraus sich für das Grundbuchverfahren schwierige Abgrenzungsfragen ergeben können.[19] Wenn die Öffnungsklausel Mehrheiten und besondere Beschlussvoraussetzungen vorsieht, ist zudem zu regeln, ob niedrigere gesetzliche Anforderungen damit abbedungen werden oder nicht. Immanente Grenzen einer Öffnungsklausel ergeben sich nach der Rechtsprechung aus (i) unentziehbaren, aber verzichtbaren Rechten und (ii) unentziehbaren und unverzichtbaren Rechten.[20] Eine konkretisierende Regelung hierzu erscheint kaum möglich und sinnvoll, da es sich um eine materiellrechtliche Schranke für Öffnungsklauseln handelt, deren Auswirkungen nur im Einzelfall beurteilt werden können.
III. Checkliste
Rz. 10
▪ | Anhaltspunkte für konkret absehbare Veränderungsnotwendigkeit, z.B. geplanter Einbau eines Aufzugs, |
▪ | Falls ja, spezielle Öffnungsklausel mit individuellen Mehrheitserfordernissen, |
▪ | Zusätzlich allgemeine Klausel, |
▪ | Mehrheitserfordernisse; ⅔, ¾ der Stimmen/aller Wohnungseigentümer... |
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