Rz. 77

Wie bereits mehrfach erwähnt, ist streng zwischen den einzelnen Unterhaltsgläubigern zu unterscheiden.

Hat der Anwalt sowohl die hinterbliebene Ehefrau als auch die Kinder zu vertreten, muss für die Kinder (Waisen) jeweils getrennt der Unterhaltsschaden ausgerechnet werden. Die Waisen haben nur dann einen Anspruch, wenn sie gemäß § 1602 BGB bedürftig sind (BGH 1962, 176; NJW 1974, 745). Insofern ist dies ein Unterschied zu den Ehegatten, da diese unabhängig von einer Bedürftigkeit einen Unterhaltsanspruch gegeneinander haben. Es ist also zu prüfen, ob das Kind eigene Einkünfte hat.

 

Rz. 78

Hinsichtlich einer Erbschaft ist zu unterscheiden, ob es eine fremde Erbschaft ist, die mit diesem Tötungsfall nichts zu tun hat, oder ob es sich um eine Erbschaft handelt, die der Waise deswegen erhalten hat, weil z.B. sein Vater oder seine Mutter unfallbedingt verstorben ist. Lediglich eine fremde Erbschaft muss sich das Kind anrechnen lassen. Für den Fall, dass der Getötete selber der Erblasser war, ist streitig, ob eine Anrechnung im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen ist. Nach der Quellentheorie des BGH (BGHZ 115, 228) ist ein Vorteilsausgleich aus einer Erbschaft oder einer Versicherung nicht anzurechnen, sofern diese bei Weiterleben des Getöteten nicht für den Unterhalt verwendet worden wären. Die Argumente hierfür überzeugen auch, da das Kind zu einem späteren Zeitpunkt diese Vermögenswerte sowieso erhalten hätte und zwar dann, wenn z.B. der Vater oder die Mutter ohne den vorliegenden Verkehrsunfall verstorben wäre. Der Anwalt sollte sich daher nicht pauschal Abzüge oder Vorteilsausgleiche anrechnen lassen, wenn diese nicht begründet sind. Im Einzelnen ist hier Vieles streitig. Die Waisen müssen sich in jedem Fall nicht die Zahlungen von privaten Versicherern anspruchskürzend anrechnen lassen. Dies sind z.B. Leistungen aus der privaten Unfallversicherung oder Lebensversicherung (BGH NJW 1979, 760).

 

Praxistipp

Im Allgemeinen hilft dem Anwalt gegenüber dem Versicherer daher folgendes Argument: Ohne das schädigende Ereignis (den Verkehrsunfall, bei dem z.B. der Vater verstorben ist) hätte das Kind die Einkünfte aus dem Vermögen zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin erhalten. Deshalb hat eine Anrechnung im Wege des Vorteilsausgleichs nicht zu erfolgen.

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