1. Typischer Sachverhalt

 

Rz. 43

Der V hat dem Schuldner eine Werkhalle vermietet. In dieser führte der Schuldner einen metallverarbeitenden Betrieb. Die Arbeiten wurden mit entsprechenden Maschinen, unter anderem einem Stanzautomaten der Marke XY, durchgeführt, der im Eigentum des Schuldners steht. Der Gläubiger G, der einen Zahlungstitel gegen den Schuldner erwirkt hatte, pfändete durch den Gerichtsvollzieher diesen Stanzautomaten. Der Mietzinsgläubiger V möchte seine Rechte aus dem Vermieterpfandrecht geltend machen und sich den Erlös aus einer eventuellen Verwertung der Maschine sichern, da der Schuldner mit den letzten drei Mieten in Rückstand und Verzug ist.

2. Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 44

Die Klage nach § 805 ZPO ist eine mindere Form der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO. Die so genannte Vorzugsklage führt gerade nicht zu einer Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung in einen konkreten Gegenstand wie die Drittwiderspruchsklage, sondern zur weiteren Durchführung der Zwangsvollstreckung. Sie kann dem aus einem Vorzugsrecht berechtigten weiteren Gläubiger nicht den Besitz an der Pfandsache wiederverschaffen oder sichern, gewährt ihm aber eine vorzugsweise Befriedigung aus dem Erlös nach deren Verwertung. Für die Klage ist Voraussetzung, dass eine Pfändung körperlicher Sachen vorliegt. Weiterhin darf die Vollstreckung noch nicht beendet sein. Der Kläger muss ein Pfandrecht oder Vorzugsrecht sowie seinen Anspruch auf den geltend gemachten Rang beweisen. Schließlich muss es sich um eine Geldforderung handeln. Da der Kläger nicht, wie nach § 769 ZPO, Einstellung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung verlangen kann, sollte mit der Klage gleichzeitig der Antrag auf Anordnung der Hinterlegung des Erlöses verbunden werden. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit entspricht der Regelung des § 771 ZPO (vgl. Rdn 41).

3. Muster: Vorzugsklage

 

Rz. 45

Muster 58.12: Vorzugsklage

 

Muster 58.12: Vorzugsklage

An das

Amtsgericht/Landgericht

in _____

Klage nach § 805 ZPO

In dem Rechtsstreit

des _____ (Inhaber des Pfand- oder Vorzugsrechtes)

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte: RAe _____

gegen

1.) den _____ (vollstreckender Gläubiger)

– Beklagter zu 1) –

2.) den _____ (widersprechender Schuldner)

– Beklagter zu 2) –

wegen vorzugsweiser Befriedigung

beantrage ich im Namen und in Vollmacht des Klägers,

 
  diesen aus dem Reinerlös der Verwertung des am _____ von dem Gerichtsvollzieher _____ gepfändeten _____ (genaue Bezeichnung des Gegenstandes) in Höhe eines Betrages von _____ (genaue Forderung des Klägers) vor dem Beklagten zu 1) zu befriedigen.

Weiter beantrage ich,

 
  im Wege der einstweiligen Anordnung nach §§ 805 Abs. 4, 769, 770 ZPO die Hinterlegung des Reinerlöses aus der Verwertung des vorbezeichneten Pfandgegenstandes bis zu einer Höhe von _____ EUR anzuordnen.

In prozessualer Hinsicht wird gebeten bzw. beantragt,

gemäß § 307 ohne mündliche Verhandlung Anerkenntnisurteil zu erlassen, wenn auf die Aufforderung nach § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO oder im weiteren Verfahren der Klageanspruch anerkannt wird.
gemäß § 331 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung Versäumnisurteil zu erlassen, wenn auf die Aufforderung nach § 276 Abs. 1 S. 1 ZPO die Verteidigungsabsicht nicht rechtzeitig angezeigt wird.

Zur Klagebegründung wird wie folgt ausgeführt:

Der Beklagte zu 1) vollstreckt gegen den Schuldner aus dem _____ (Titel) wegen einer Forderung in Höhe von _____ EUR. Zu diesem Zwecke hat er durch den Gerichtsvollzieher _____ am _____ den im Eigentum des Schuldners stehenden _____ (genaue Bezeichnung des Gegenstandes) pfänden lassen.

 
Beweis: Vorlage des Pfändungsprotokolls
  Zeugnis des GV _____

Der gepfändete Gegenstand ist durch ein Pfand- bzw. Vorzugsrecht des Klägers, nämlich _____ (Bezeichnung des Rechtes) belastet. Der Kläger hat dieses wie folgt erworben: _____

 
Beweis: _____

Dem Kläger steht gegen den Schuldner auch noch eine Forderung in Höhe von _____ EUR zu, denn _____.

 
Beweis: _____

Die Forderung wird durch das bezeichnete besitzlose Pfand- bzw. Vorzugsrecht gesichert.

Das Pfand- und Vorzugsrecht geht dem vom Beklagten zu 1) erworbenen Pfändungspfandrecht nach § 804 Abs. 3 ZPO vor, weil _____.

Der Beklagte zu 1) wurde mit Schreiben vom _____ unter Fristsetzung zum _____ aufgefordert, der vorzugsweisen Befriedigung des Klägers zuzustimmen. Er hat die Frist jedoch fruchtlos verstreichen gelassen, so dass Klage geboten ist.

 
Beweis: Schreiben vom _____

Der Schuldner hat der vorzugsweisen Befriedigung des Klägers ebenfalls widersprochen, so dass er gemäß § 805 Abs. 3 ZPO gemeinsam mit dem vollstreckenden Gläubiger als Streitgenosse in Anspruch zu nehmen war.

Der gesamte vorstehende Vortrag wird durch die Vorlage der bezeichneten Urkunden sowie durch die in der Anlage beigefügte eidesstattliche Versicherung des Klägers glaubhaft gemacht. Insoweit ist gemäß § 805 Abs. 4 ZPO die Hinterlegung des Reinerlöses aus der Verwertung des Vollstreckungsgegenstandes in Höhe der Forderung des beklagten vorgehenden Pfandrechtes des Klägers bis zur Entscheidung über die vorliegende Klage anzuordnen.

Rechtsanwalt

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