Rz. 93
Um Partei eines Rechtstreites sein zu können, bedarf es der Parteifähigkeit. Gem. § 50 Abs. 1 ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Gem. § 50 Abs. 2 ZPO ist ein nicht rechtsfähiger Verein nur passiv parteifähig.
Darüber hinaus sind durch die Rechtsprechung oder durch spezialgesetzliche Regelungen noch weiteren Personenzusammenschlüssen (partielle) Rechtsfähigkeit – und damit auch (partielle) Parteifähigkeit – zuerkannt worden.
aa) (Partielle) Rechts- und Parteifähigkeit einer GbR
Rz. 94
Mit seiner Entscheidung v. 29.1.2001[80] hat der BGH für eine Außengesellschaft bürgerlichen Rechts die Rechtsfähigkeit anerkannt, soweit diese durch die Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet. In diesem Rahmen hat der BGH einer GbR im Zivilprozess auch die aktive und passive Parteifähigkeit zuerkannt. Soweit die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der GbR persönlich haften, entspricht hierbei das Verhältnis zwischen der Verbindlichkeit der Gesellschaft und der Haftung der Gesellschafter derjenigen bei der OHG, so dass hier die gleichen Grundsätze angewandt werden können.[81]
Bei der Klage einer GbR kann diese mithin unter ihrem eigenen Namen klagen. Bei einer Klage gegen eine GbR empfiehlt es sich wegen der daneben bestehenden persönlichen Haftung der Gesellschafter auch diese persönlich mitzuverklagen. Insoweit kann auf das untenstehende Rubrumsmuster einer Klage gegen eine OHG verwiesen werden.[82] Die Klage gegen die Gesellschaft hemmt auch die Verjährung gegen die Gesellschafter.[83]
bb) Parteifähigkeit von Wohnungseigentümergemeinschaften
Rz. 95
Mit Beschluss v. 2.6.2005[84] hat der BGH einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern Rechtsfähigkeit zuerkannt, soweit sie bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums am Rechtsverkehr teilnimmt. Durch die am 1.12.2020 in Kraft getretene Reform des WEG-Rechts wurden die Rechts- und Prozessfähigkeit, die Bezeichnung der WEG-Gemeinschaft sowie deren gerichtliche und außergerichtliche Vertretung durch den Verwalter gesetzlich normiert.[85]
Demgegenüber hat der BGH bei einer Erbengemeinschaft die Parteifähigkeit verneint.[86]
cc) Weitere parteifähige Zusammenschlüsse
Rz. 96
Des Weiteren sind Gewerkschaften als parteifähig gem. § 10 S. 1 ArbGG vor den Arbeitsgerichten, aber nach der Rechtsprechung[87] auch vor den Zivilgerichten anzusehen. Dies gilt auch für ihre Unterorganisationen, wie Bezirks- oder Kreisverbände, soweit sie eine körperschaftliche Verfassung haben und eigenständig tätig sind.[88]
Ebenfalls sind politische Parteien und ihre Gebietsverbände der höchsten Stufe gem. § 3 ParteienG parteifähig, soweit deren Satzung nichts anderes bestimmt. Untergegliederte Gebietsverbände, wie z.B. Ortsvereine waren bisher nach h.M. als nicht rechtsfähige Vereine lediglich passiv parteifähig.[89] Nachdem der BGH der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Rahmen ihrer Teilnahme am Rechtsverkehr die aktive Parteifähigkeit zugesteht, wird sich dies nicht mehr aufrechterhalten lassen. Soweit sie im Vereinsregister eingetragen sind, handelt es sich um rechtsfähige Vereine, die nach allgemeinen Regeln parteifähig sind.
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