Rz. 42

Liegt kein Fall des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 VwGO vor, bleibt der Verwaltung nur die Möglichkeit, die sofortige Vollziehung anzuordnen, wenn Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben sollen. Anders als in den Fällen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–3 VwGO geht der Gesetzgeber bei dem dann aber einschlägigen § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO zunächst einmal von der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs aus. Die Anordnung ist damit nur unter den engen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO möglich.

 

Rz. 43

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung darf also keineswegs automatisch mit jedem VA verbunden werden. Insbesondere reicht die Tatsache, dass der Betroffene Widerspruch einlegen und so die aufschiebende Wirkung hinauszögern könnte, gerade nicht aus. Hier stellt sich also in jedem einzelnen Fall die Frage, ob die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig war. Das BVerfG hat dabei die besondere Bedeutung einer gerichtlichen Kontrolle für den Fall der Anordnung der sofortigen Vollziehung herausgestellt.[57] Der in § 80 VwGO vorgesehene Suspensiveffekt von Rechtsmitteln gilt nach der Rechtsprechung des BVerfG als fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der von der Behörde angeordneten sofortigen Vollziehung ist eine adäquate Ausprägung des grundgesetzlich garantierten Rechtsschutzes, die den Betroffenen davor bewahren soll, dass die Verwaltung vor Unanfechtbarkeit eines belastenden VA vollendete Tatsachen schafft.[58]

 

Rz. 44

 

Beispiele

Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehung der FE außerhalb der Regelungen der § 2a Abs. 6, § 4 Abs. 9 StVG
Anordnung der sofortigen Vollziehung der Aufforderung zur Ablieferung oder Vorlage des Führerscheins (vgl. § 47 Abs. 1 S. 2 letzter Hs. FeV)[59]
Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Fahrtenbuchauflage gem. § 31a StVZO
Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 5 GüKG.[60]
[57] BVerfG NJW 1973, 1491, 1493; 1980, 35; 1984, 2128; 1985, 2395, 2402.
[58] BVerfG NJW 1985, 2395, 2402.
[59] Str: nach Dauer in: Hentschel/König/Dauer, § 47 FeV Rn 19 gilt die Ablieferungspflicht trotz Anfechtung der Entziehung der FE auch in den Fällen der gesetzlich normierten sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung der FE gem. § 2a Abs. 6, § 4 Abs. 9 StVG nur dann, wenn die mit der Entziehung der FE verbundene Anordnung der Ablieferung des Führerscheins für sofort vollziehbar erklärt wurde. A.A. BayVGH Beschl. v. 14.12.2005 – 11 CS 05/1677, DAR 2006, 169, 172. Nach BayVGH a.a.O. ist die unmittelbar auf eine FE-Entziehung aufbauende Anordnung einen Führerschein abzuliefern oder vorzulegen gem. § 47 Abs. 1 S. 2 FeV unmittelbar kraft Gesetzes sofort vollziehbar.
[60] Dazu VGH BW zfs 2000, 368.

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