Rz. 53

Vorbemerkung: Das am 1.1.1999 in Kraft getretene Straßenverkehrsgesetz weist der dort als "Aufbauseminar" bezeichneten Nachschulung einen besonders hohen Stellenwert zu. In den Gesetzesmaterialien wird die Nachschulung unter Bezugnahme auf die unter der Federführung der Bundesanstalt für das Straßenwesen durchgeführten Evaluation ausdrücklich als Maßnahme anerkannt, mit der die Rückfallwahrscheinlichkeit gemindert werden kann.

 

Rz. 54

Außerdem ist mit der Einfügung des Abs. 1 S. 2 Nr. 6 in § 153a StPO sogar die Möglichkeit geschaffen, nach dem Besuch eines solchen Aufbauseminars das Strafverfahren gegen den Täter einzustellen. Es müssen hierzu allerdings noch weitere positive Umstände hinzukommen; die Seminarteilnahme alleine kann eine Verfahrenseinstellung sicher nicht rechtfertigen (so zu Recht LG Oldenburg DAR 2002, 327 oder OLG Oldenburg DAR 2019, 216).

Zu Einzelheiten siehe Rdn 31.

Wenn auch eine Nachschulung nur selten (wie im Saarland) bereits im Erkenntnisverfahren zu einer zwei Monate geringeren Sperre führt, wird sie vielfach als eine zu einer nachträglichen Verkürzung der Sperrfrist führende neue Tatsache im Sinne des § 69a Abs. 7 StGB angesehen (LG Berlin BA 54, 386 [2017]).

 

Achtung: Allgemein gehaltenes Zertifikat soll nicht genügen

Nach Auffassung des LG Fulda (VR Aktuell 2018, 49) soll insoweit ein allgemein gehaltenes Teilnahmezertifikat nicht genügen, sondern die Inhalte des Seminars müssen näher beschrieben werden

I. Ersttäter

 

Rz. 55

Für erstmalig auffällig gewordene Kraftfahrer werden derzeit verschiedene Modelle angeboten. Früher war der TÜV fast alleiniger Anbieter. In der Zwischenzeit gibt es weitere Anbieter (z.B. Avus GmbH, DEKRA etc.), sogar niedergelassene Verkehrspsychologen führen solche Aufbauseminare durch. Das erste und bekannteste Modell ist "Mainz 77", weitere anerkannte Kursmodelle sind "Leer E", "Hamburg 1979", oder "Irak". Die Kurse mit maximal zehn Teilnehmern werden von Verkehrspsychologen geleitet und dauern zwei bis vier Wochen.

II. Wiederholungstäter

 

Rz. 56

Auch für mehrfach alkoholauffällige Kraftfahrer werden verschiedene Modelle von Aufbauseminaren angeboten, z.B. Modell "Leer", "Alkohol trinken und fahren", "Verfahren zur Verhaltensveränderung" oder "Freyung". Die Teilnahme an diesen Kursen setzt ein negatives MPU-Gutachten mit Kursempfehlung und die Bereitschaft der Fahrerlaubnisbehörde voraus, eine erfolgreiche Kursteilnahme im Neuerteilungsverfahren zu berücksichtigen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge