Rz. 13

Da nach der Rechtsprechung des BVerfG[30] bei Beantragung einer Beschlussverfügung eine Anhörung des Abgemahnten stattgefunden haben muss, ist eine Abmahnung zumindest in diesem Rechtszug grundsätzlich nicht entbehrlich und wird, wenn sie nicht vorgerichtlich durchgeführt wurde, im Verfahren nachgeholt. In nur sehr seltenen Fällen ist eine Abmahnung daher entbehrlich. Wenn der Verletzte klar erkennen (und ggf. auch nachweisen) kann, dass eine Abmahnung nicht fruchten wird, kann diese nach allgemeiner Auffassung unterbleiben.[31] Gleiches gilt bei besonders schweren Wettbewerbsverstößen.[32] Nach einer dritten Fallgruppe ist eine Abmahnung wegen der damit verbundenen Warnfunktion dann entbehrlich, wenn neben einer Unterlassung gleichzeitig eine Sicherstellung begehrt wird.[33] Weiterhin ist eine Abmahnung dann nicht erforderlich, wenn der Verletzer sich einem bereits bestehenden Verbot fortgesetzt zuwider verhält.[34]

 

Rz. 14

Gelegentlich kann es geboten sein, statt einer förmlichen Abmahnung ein Beanstandungsschreiben (ähnlich wie eine Berechtigungsanfrage bei gewerblichen Schutzrechten) zu versenden. Das Beanstandungsschreiben schildert den als wettbewerbswidrig empfundenen Vorfall und lädt zu einem Gedankenaustausch darüber ein. Da dem Adressaten eines solchen Schreibens keine Verpflichtungen wie etwa die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung innerhalb einer bestimmten Frist abverlangt werden, ist bei einem fruchtlosen "Gedankenaustausch" stets noch abzumahnen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Adressat des Beanstandungsschreibens den Vorfall im gerichtlichen Verfahren noch unter Inanspruchnahme der Kostenprivilegierung gemäß § 93 ZPO anerkennt. Da der mit dem Beanstandungsschreiben verbundene Zeitablauf häufig zu Dringlichkeitsproblemen führt, bietet sich diese Vorgehensweise nur dann an, wenn man mit einem "kollegialen" Verhalten des Abgemahnten rechnen kann.

[31] OLG Hamburg WRP 1995, 1037 – nicht entbehrliche Abmahnung; OLG Köln WRP 1986, 427 – Veranlassung zur Klageerhebung; OLG Frankfurt WRP 1985, 87 – Entbehrlichkeit einer Abmahnung; OLG Celle WRP 1993, 812, 813.; a.A. OLG Hamburg GRUR 1995, 836 (Leitsatz); OLG Oldenburg NJW-RR 1990, 1330 – Entbehrlichkeit der Abmahnung; Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 13 Rn 64 f.
[33] OLG Frankfurt CR 2013, 699; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2013, 182 – Spielsteuerung.
[34] OLG Nürnberg WRP 1981, 342 – entbehrliche Abmahnung.

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