Rz. 6

Abmahnbefugt ist nur, wer auch klagebefugt ist. Dies wird gerne und häufig übersehen. Die Klagebefugnis ergibt sich aus § 8 UWG. Klagebefugt sind demnach zunächst die Mitbewerber (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG). Diese müssen allerdings gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG in der ab dem 1.12.2021 geltenden Fassung Waren und Dienstleistungen in nicht nur unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen. Damit sind sog. "Fake Shops", die gezielt zu Abmahnzwecken errichtet wurden, nicht abmahnfähig.

Weiter sind nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen klagebefugt, soweit diesen Verbänden eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, die länger als ein Jahr bestehen, wenigstens 75 Unternehmen als Mitglieder haben und in einer Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sind, die beim Bundesamt der Justiz geführt wird. Diese Verbände müssen weiter darlegen, dass sie nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande sind, ihre satzungsgemäßen Aufgaben dauerhaft wahrzunehmen. Ferner muss der Anspruch eine Handlung betreffen, die geeignet ist, die Interessen ihrer Mitglieder zu berühren. Dabei gibt es Verbände, die eine Vielzahl von Mitgliedern unterschiedlichster Branchen betreuen. Die Klagebefugnis für eine Branche lässt noch lange nicht auf die Aktivlegitimation in einer anderen schließen. "Hinsehen" lohnt sich daher, das pauschale Bestreiten der Aktivlegitimation hingegen nicht, insbesondere wenn es um die personelle und sachliche Ausstattung des Verbands geht, da diese vom Bundesamt der Justiz überprüft wird.

Darüber hinaus sind "qualifizierte Einrichtungen" nach § 4 UKlaG aktivlegitimiert (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG). Die Liste der qualifizierten Einrichtungen wird ebenfalls beim Bundesamt für Justizgeführt und zum 1. Januar eines jeden Jahres im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Beruft sich eine "qualifizierte Einrichtung" auf die Eintragung in dieser Liste, so hat sie dies nachzuweisen. Weiterhin muss eine solche "qualifizierte Einrichtung" darlegen, dass der Anspruch eine Handlung betrifft, durch die wesentliche Verbraucherinteressen berührt werden. Letzteres wird aber fast immer darstellbar sein.

Schließlich sind auch noch Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern aktivlegitimiert (§ 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG).

 

Rz. 7

Passivlegitimiert ist der "Störer". Die Ermittlung des Störers stellt regelmäßig keine besondere Schwierigkeit dar. Häufig wird aber § 8 Abs. 2 UWG übersehen. Nach dieser Regelung kann auch der Inhaber eines Betriebes in Anspruch genommen werden. Diese Vorschrift wird weit ausgelegt. So gilt bspw. ein Franchise-Unternehmen, Handelsvertreter oder auch ein Werbepartner einer Internetseite als betriebszugehörig.[14]

Eine Abmahnung darf schließlich auch nicht rechtsmissbräuchlich sein. Ein Rechtsmissbrauch wird dann angenommen, wenn kein vernünftiges Verhältnis zwischen der Abmahntätigkeit und der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden besteht.[15]

[14] BGH v. 28.10.2010 – I ZR 174/08, Rn 11 ff., juris; BGH WRP 2009, 1520, 1524 – Partnerprogramm (zur Parallelvorschrift des § 14 Abs. 7 MarkenG); BGH GRUR 1995, 605, 607 – Franchise-Nehmer; BGH GRUR 2009, 1167 – Partnerprogramm; OLG Köln WRP 2014, 202 – Beauftragter; Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 8 Rn 2.45.
[15] OLG Hamm v. 15.9.2015 – 4 U 105/15, WRP 2016, 101; Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 8c Rn 11; zur rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung einer Vertragsstrafe siehe KG v. 9.12.2016 – 5 U 163/15 und 5 W 27/16, GRUR-RR 2017, 114, 115 f.

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