Rz. 21

Berät man den Abgemahnten, so ist zu berücksichtigen, dass alle Modifikationen oder Varianten hinsichtlich der Vertragsstrafe als Zeichen für die fehlende Ernsthaftigkeit einer Unterlassungserklärung gewertet werden können. Es gilt der Grundsatz, dass nur der Abgemahnte, der bereit ist, einen erheblichen Geldbetrag im Falle einer Zuwiderhandlung zu bezahlen, auch wirklich gewillt ist, sein Verhalten einzustellen. Erklärungen, in denen sich der Verletzte verpflichtet, im Falle einer Zuwiderhandlung einen bestimmten Betrag an einen Dritten, z.B. an eine gemeinnützige Organisation, zu zahlen oder sich gegenüber einem Dritten freiwillig unterwirft, werden daher regelmäßig nicht als ausreichendes Druckmittel und damit als eine die Wiederholungsgefahr ausräumende Unterwerfung angesehen.[41] Hingegen sind Formulierungen, nach denen der Abgemahnte eine für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gläubiger nach billigem Ermessen festzusetzende und im Streitfall von einem Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe zu zahlen hat, als so genannter "Neuer Hamburger Brauch" anerkannt.[42] Diese Art der Vertragsstrafe hat den Vorteil, dass den Besonderheiten jeder einzelnen Zuwiderhandlung besser Rechnung getragen werden kann.[43] Zulässig ist es auch, die Vertragsstrafe durch einen Höchstbetrag (bis zu … EUR) zu begrenzen.[44] Voraussetzung ist allerdings, dass die Obergrenze des Vertragsstraferahmens die Höhe eines fest zu vereinbarenden Betrages in angemessener Weise übersteigt. Als ungefähren Richtwert nimmt der BGH dabei das Doppelte der im jeweiligen Fall als "fester" Betrag angemessen erscheinenden Vertragsstrafe an.[45]

Kein Anhaltspunkt für eine fehlende Ernsthaftigkeit ist im Übrigen der Zusatz "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht". Der Schuldner muss sein Verhalten nicht einsehen.[46] Zudem können andere Gründe, wie etwa das Bedürfnis nach einer außergerichtlichen Streitbeilegung ursächlich für die Unterwerfungserklärung sein. Wichtig ist nur, dass der Rechtsbindungswille zum Ausdruck kommt.

[41] BGH GRUR 1987, 748, 749 – getarnte Werbung II; OLG Köln GRUR 1986, 194 – gemeinnützige Organisation; OLG Karlsruhe WRP 2006, 1038 ff.; KG GRUR-RR 2013, 335 – zweifelhafte Drittunterwerfung; Teplitzky, Kap 8 Rn 26 f.; Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 13a Rn 22.
[42] BGH GRUR 1978, 192, 193 – Hamburger Brauch.
[43] Siehe dazu Gloy/Loschelder/Danckwerts, § 84 Rn 31.
[44] BGH GRUR 1985, 155, 157 – Vertragsstrafe bis zu … I; BGH WRP 1985, 404, 405 – Vertragsstrafe bis zu … II.
[45] BGH WRP 1985, 404, 405 – Vertragsstrafe bis zu … III.
[46] BGH GRUR 2013, 1252 – medizinische Fußpflege.

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