a) Einigung

 

Rz. 39

Wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen sind von ihrer Eilbedürftigkeit geprägt. Ein jahrelanger Rechtsstreit über die Zulässigkeit einer vermeintlich rechtswidrigen, aber längst abgeschlossenen Werbekampagne ist für beide Parteien meist sinnlos. Für gewöhnlich wird dem Hauptsacheverfahren daher ein Verfügungsverfahren vorgeschaltet, in dem dem Verletzer ein bestimmtes Tun oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Häufig erledigen sich wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen in diesem Stadium. Nicht selten vergleichen sich die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung oder aber eine einstweilige Verfügung wird in einem späteren Abschlussschreiben als endgültig anerkannt. Verfügungsverfahren machen somit den Kern wettbewerbsrechtlicher Auseinandersetzungen aus.

 

Rz. 40

Ein Verfügungsverfahren in wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen ist grundsätzlich für jeden Anspruch auf Leistung oder Unterlassung geeignet, sofern sich hinreichende Mittel zur Glaubhaftmachung des dargelegten Anspruchs beibringen lassen. Da in einem Verfügungsverfahren nur mit präsenten Beweismitteln (§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO) gearbeitet werden kann, sind solche Streitigkeiten für ein Eilverfahren ungeeignet, in denen es auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens ankommen wird oder aber tatsächlich oder rechtlich schwierige Fragen einer Klärung bedürfen.[65]

 

Rz. 41

Einstweilige Verfügungen dienen dazu, durch vorübergehende Anordnung von Maßnahmen den Rechtsfrieden bis zur endgültigen Entscheidung des streitigen Rechtsverhältnisses zu sichern. Regelmäßig geschieht dies durch ein Unterlassungsgebot, das implizit auch die Nebenpflicht beinhaltet, den eingetretenen Störungszustand zu beseitigen. Die besondere Ausprägung von Verfügungsverfahren in wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen hat zu einer zwischen den einzelnen OLG-Bezirken zum Teil sehr differenzierten Rechtsprechung geführt. Da sich – wie bereits erwähnt – viele Verfahren bereits durch diese Rechtsschutzform erledigen, ein sich daran anschließendes Hauptsacheverfahren somit obsolet wird, findet die ansonsten in anderen Rechtsgebieten erfolgende Rechtsvereinheitlichung durch den BGH nicht statt. Auf örtliche Besonderheiten ist in wettbewerbsrechtlichen Verfügungsverfahren daher besonderes Augenmerk zu richten.

[65] Siehe bspw. OLG Frankfurt GRUR 1988, 686 f. – Dialysegerät.

b) Zuständigkeit

 

Rz. 42

Zuständiges Gericht ist gemäß § 937 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 802 ZPO das Gericht der Hauptsache. Wenn eine Hauptsache bereits anhängig ist, ist die einstweilige Verfügung daher bei diesem Gericht zu beantragen. Regelmäßig ist dies jedoch im Verfügungsverfahren nicht der Fall. Der Verfügungsantrag ist dann bei dem Gericht zu stellen, bei dem anderenfalls die Hauptsacheklage zu erheben wäre. Gemäß § 14 UWG sind dies stets die Landgerichte.

 

Rz. 43

Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit enthält § 14 UWG eine gegenüber den §§ 12 ff. ZPO vorrangige Sonderregelung. Grundsätzlich gilt nach § 14 Abs. 1 UWG, dass für Klagen nach dem UWG das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk der Beklagte seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Nach Abs. 2 Satz 2 ist außerdem das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen wurde, wobei eine wesentliche Ausnahme vom Begehungsort in Satz 3 enthalten ist. Danach gilt der Gerichtsstand des Begehungsorts nicht für Verfahren von Mitbewerbern wegen Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien sowie für Klagen von Verbänden, qualifizierten Einrichtungen oder Kammern, es sei denn, der Beklagte hat im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand. Danach ist bis zu einem – nunmehr für "Online-Sachverhalte – eingeschränkten Maß ein "forum shopping" möglich. Darauf sollte man bei der Beratung achten. So gibt es Gerichtsbezirke, die als besonders klägerfreundlich gelten oder wieder andere, in denen Dringlichkeitsfragen großzügiger gehandhabt werden. Ist die Zuständigkeit mehrerer Gerichte eröffnet (nach wie vor z.B. bei Druckschriften der Fall) und bspw. die Dringlichkeitsfrist des "Heimatgerichtes" abgelaufen, sind diese Aspekte in die Beratung einzubeziehen. Die Wahl eines für den Antragsteller günstigen Gerichtsstands ist nach allgemeiner Auffassung nicht rechtsmissbräuchlich.[66] Daher stellt es auch keine missbräuchliche Mehrfachverfolgung dar, wenn in diesem Fall trotz Vorliegens einer Gemeinschaftswerbung gesondert gegen die einzelnen Beklagten vorgegangen wird.[67]"

 

Rz. 44

Sachlich zuständig sind gemäß § 14 Abs. 1 UWG i.V.m. § 95 GVG die Kammern für Handelssachen. In einigen Gerichtsbezirken (z.B. Köln, Düsseldorf, Frankfurt, München oder Hamburg) wurden jedoch Zivilkammern mit einer Spezialzuständigkeit für Wettbewerbsstreitsachen eingerichtet. Wird eine Wettbewerbskammer angerufen, kann der Antragsgegner bzw. der Beklagte innerhalb seiner Einlassungsfrist (§ 98 Abs. 1 S. 1 GVG) den Rechtsstreit an die Kammer für Handelssachen verweisen lassen.

[66] OLG Hamburg OLGR Hamburg 2002, 369, 370 – T...

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