Rz. 186

Wird dem Arbeitnehmer der ihm zustehende und von ihm beantragte Urlaub nicht gewährt, kann dieser Anspruch im Wege der Klage auf Abgabe einer Willenserklärung verfolgt werden, welche nach § 894 Abs. 1 S. 1 ZPO mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils als abgegeben gilt (vgl. BAG v. 27.6.2017 – 9 AZR 120/16, juris). Der Urlaub ist grds. gem. § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG auf Wunsch des Arbeitnehmers zu gewähren. Kollidiert dieser Wunsch mit dringenden betrieblichen Belangen des Arbeitgebers oder Urlaubswünschen anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, müssen sich beide Parteien einig werden.

 

Rz. 187

Lehnt der Arbeitgeber die Erteilung des Urlaubes ohne ausreichende Gründe ab oder widerruft einen bereits genehmigten Urlaub, ohne dass zwingende Gründe dafür angeführt werden können, kann eine Leistungsklage auf Urlaubserteilung erhoben werden, die sich auch auf die zeitliche Lage des Urlaubs erstrecken sollte, aber auch dann den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO entspricht, wenn sie keine zeitliche Festlegung enthält (BAG v. 18.3.2014 – 9 AZR 669/12, juris). Der Klageantrag könnte etwa wie folgt lauten:

 

Rz. 188

Muster 53.14: Klageantrag auf Gewährung von Urlaub

 

Muster 53.14: Klageantrag auf Gewährung von Urlaub

"Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für das Kalenderjahr _________________________ _________________________ Urlaubstage zu gewähren."

 

Rz. 189

Soll die Urlaubsgewährung für einen bestimmten Zeitraum durchgesetzt werden, wird das Klageverfahren aber zu lange dauern, weil dann der Zeitpunkt, in dem der Urlaub genommen werden soll, längst verstrichen sein wird. Die Klage ist auch unzulässig, wenn der vom Arbeitnehmer gewünschte Urlaubstermin verstrichen ist und unbegründet, wenn im Laufe des Rechtsstreites der Urlaubstermin verstreicht (BAG v. 18.12.1986 – 8 AZR 502/84).

 

Rz. 190

In diesen Fällen kann die gerichtliche Durchsetzung eines Urlaubsanspruchs daher praktisch nur im Wege der einstweiligen Verfügung gelingen. Z.T. wird zwar vertreten, dass der Arbeitnehmer in einem solchen Fall keinen Anspruch auf einstweiligen Rechtsschutz habe, weil er bei einem berechtigten Urlaubsverlangen der Arbeit fernbleiben könne (Corts, NZA 1998, 357 f.). Diese Auffassung ist aber abzulehnen. Denn das Risiko der – kündigungsrelevanten – Selbstbeurlaubung ist dem Arbeitnehmer nicht zuzumuten (vgl. Schulte, ArbRB 2005, 125, 127/128).

 

Rz. 191

Deshalb ist in aller Regel das Gericht zu bemühen, auch wenn dieses den Antrag ablehnt mit der Begründung, der Arbeitnehmer könne den Urlaub ohne Genehmigung des Arbeitgebers nehmen. Wenn er diesem "Rat" des Gerichts folgt, kann das sicherlich kein Kündigungsgrund sein (ausf. dazu Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 2. Teil, X).

 

Rz. 192

Muster 53.15: Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Gewährung von Urlaub

 

Muster 53.15: Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Gewährung von Urlaub

1. der Antragsgegnerin aufzugeben, dem Antragsteller für die Zeit vom _________________________ bis zum _________________________ Urlaub zu gewähren,

2. hilfsweise: der Antragsgegnerin aufzugeben, dem Antragsteller zu gestatten, in der Zeit vom _________________________ bis zum _________________________ der Arbeit fernzubleiben (Schulte, ArbRB 2005, 125).

 

Rz. 193

Der Hilfsantrag ist erforderlich, um evtl. Bedenken an der Vorwegnahme der Hauptsache zu begegnen. Wird dem Hilfsantrag stattgegeben, können die Parteien anschließend im Hauptsacheverfahren über die Berechtigung des Urlaubs streiten und über die Frage, ob dafür Urlaubsentgelt verlangt werden kann. Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "King" (EuGH v. 29.11.2017 – C-214/16, juris), wonach der Arbeitnehmer seinen Urlaub nur nehmen muss, wenn er feststellen kann, dass er dafür auch Anspruch auf Bezahlung hat, wird allerdings inzwischen vertreten, dass eine einstweilige Verfügung auf Gestattung des Fernbleibens von der Arbeit ihren Zweck nicht erfüllen könne. Die einstweilige Verfügung müsse daher auf Urlaubsgewährung gerichtet sein (Korinth, ArbRB 2019, 353).

 

Rz. 194

Bei der einstweiligen Verfügung wird gem. § 938 ZPO dem Antragsgegner/Verfügungsbeklagten durch das Gericht auferlegt, z.B. eine Handlung vorzunehmen, hier den Urlaub zu gewähren, § 938 Abs. 2 ZPO. Einer Vollstreckungsklausel bedarf es grundsätzlich nicht (§§ 929 Abs. 1, 936 ZPO). § 929 Abs. 2 ZPO verlangt allerdings, dass die einstweilige Verfügung binnen Monatsfrist vollzogen wird. Dies geschieht durch Zustellung einer Ausfertigung oder einer beglaubigten Abschrift der Verfügung, die auch im Parteibetrieb erfolgen kann.

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