Rz. 11

Zu den Begriffen Widmung, Umstufung, Einziehung siehe zunächst die jeweiligen Landesstraßengesetze (z.B. §§ 68 SStrG; s.a. § 2 FStrG). Eine vergleichende Übersicht über die Straßen- und Wegegesetze der Länder (unter Einbeziehung des FStrG) findet sich bei Kodal/Krämer, Straßenrecht, Anhang.

1. Widmung

a) Inhalt und Rechtsnatur

 

Rz. 12

Eine Widmung ist eine Verfügung, durch die eine Straße die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhält (vgl. z.B. § 6 Abs. 1 SStrG; § 6 Abs. 1 S. 1 StrWG NW; § 2 Abs. 1 FStrG).

 

Rz. 13

Die Widmungsverfügung ist mit Rechtsmittelbelehrung öffentlich bekannt zu machen (vgl. § 6 Abs. 4 SStrG).

 

Rz. 14

Von ihrer Rechtsnatur her handelt es sich um einen VA in Form der Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2 Alt. 2 VwVfG). Sie ist ein straßenrechtlicher Hoheitsakt, der den Sachstatus einer öffentlichen Straße begründet.[24] Sie trifft damit in erster Linie eine sachenrechtliche Zustandsregelung und trifft primär keine Rechtsbeziehungen zu Personen. Für die Nutzung der Straße wird ein bestimmter Inhalt des Gemeingebrauchs festgelegt. Der Eigentümer der Straße kann danach die kraft Widmungsaktes festgelegte Nutzung nicht mehr untersagen.[25]

Eine Widmung eines neuen Straßenteils, durch den die Straße nur unwesentlich ergänzt wird, erfolgt ohne förmliche Widmungsverfügung durch die Verkehrsübergabe. Die Verkehrsübergabe ist ein Realakt, mit dem eine Fläche der Allgemeinheit zu Verkehrszwecken zur Verfügung gestellt wird.[26]

[24] VGH BW NVwZ-RR 1995, 185.
[25] Otte, NWVBL 1996, 42.
[26] OVG Rheinl.-Pfalz, Urt. v. 30.11.2015 – 1 A 10341/15, OVG NVwZ-RR 2016, 263 bzgl. einer Fußgängerunterführung.

b) Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis im Zusammenhang mit der Widmung

 

Rz. 15

Dieser Regelungsgehalt ist vor allem bedeutsam für die Frage, ob im Einzelfall Widerspruchs- bzw. Klagebefugnis des Rechtsbehelfsführers vorliegt.[27] So hat der Eigentümer eines an einen Fußgängerbereich angrenzenden (durch eine andere öffentliche Straße erschlossenen) Grundstücks regelmäßig keine Klagebefugnis gegen die Erweiterung der Widmung des Fußgängerbereichs auf Fahrzeugverkehr in beschränktem Umfang.[28] Die Widmung erzeugt nämlich in erster Linie eine individuelle Rechtsbetroffenheit des Eigentümers des Straßengrundes, wenn dieser mit dem Träger der Straßenbaulast nicht identisch ist.

 

Rz. 16

Die Rechtsbetroffenheit liegt dann darin, dass die Widmung dem Träger der Straßenbaulast die Ausübung der Rechte und Pflichten des privatrechtlichen Eigentümers in dem Umfang einräumt, in dem dies die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs erfordert. Sein weiter bestehendes Privateigentum wird durch die öffentlich-rechtliche Sachherrschaft überlagert. Seine aus dem Eigentum fließenden Befugnisse werden beschränkt ("modifiziertes Privateigentum"). Ist der Kläger nicht Eigentümer des widmungsbetroffenen Grundstücks, so lassen sich aus diesem Aspekt auch keine Abwehrrechte erkennen.[29]

 

Rz. 17

Besteht nach Widmung darüber hinaus die zuvor bereits gegebene Zufahrtsmöglichkeit des Klägers fort, so ist er in einem solchen Fall auch nicht in seinem Anliegergebrauch betroffen.[30] Im Anschluss an die Widmung erfolgte bloße Zugangserschwernisse für den Anlieger reichen zur Annahme der Klagebefugnis nicht.[31]

 

Rz. 18

Wie weit der Anliegergebrauch darüber hinaus ein Abwehrrecht des Anliegers gegen rechtswidrige Entwidmung einer Straße gewährt, richtet sich nach dem jeweils einschlägigen Landes-Straßenrecht. § 8 Abs. 1 BremLStrG bestimmt z.B. ausdrücklich, dass einem Anlieger ein Recht auf Fortbestand einer Straße nicht zusteht. Dem Gewährleistungsinhalt des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG trägt dann § 8 Abs. 3 BremLStrG durch eine "Zugangsregelung" Rechnung. Der Anlieger ist nur insoweit geschützt, als ihm in Folge der Entwidmung der Zugang zu seinem Grundstück auf Dauer entzogen oder wesentlich beschränkt wird.[32] Teilweise wird aber auch, gestützt auf Art. 2 GG und Art. 3 GG, ein durchaus erweiterter Anspruch auf Vollkontrolle der Rechtmäßigkeit einer Entwidmungsverfügung bejaht. Danach erschöpfen sich die Rechte des Anliegers im Hinblick auf "seine" Straße nicht darin, dass Art. 14 Abs. 1 GG den Kernbereich des Anliegergebrauchs gewährleistet und insoweit Abwehr- und/oder Entschädigungsansprüche begründet. Daneben stehen dem Anlieger auch Abwehransprüche aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zu. Eine rechtmäßige Straßeneinziehung ist zu dulden; der Anlieger hat aber ein Abwehrrecht gegenüber einer rechtswidrigen Straßeneinziehung. Auch im Fall einer ohne vorherige (Teil-)Einziehung erfolgten und damit nur tatsächlichen Unterbindung des Gemeingebrauchs stehen dem Anlieger abwehrfähige Rechte zu. Auf die Ausübung des für ihn bestehenden gesteigerten Gemeingebrauchs besteht ein Recht, das aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG herzuleiten und darauf gerichtet ist, dass die Behörde den rechtlich fortbestehenden Gemeingebrauch nicht rechtswidrig unterbindet.[33]

Ein Anlieger, der gegen eine straßenrechtliche Einziehung einer Straße substantiiert geltend macht, die Einziehung durch die Straßenbaubehörde erfolge aus rechtsmissbräuchlichen, willkürlichen oder unre...

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