1. Unfall im Inland

 

Rz. 300

Mit Wirkung zum 1.1.1994 ist zum Schutz der Opfer von Unfällen, die unter Beteiligung von ausländischen Kraftfahrzeugen passieren, der Verein "Deutsches Büro Grüne Karte e.V." gegründet worden. Bei Beteiligung eines ausländischen Fahrzeugs an einem Unfall im Inland beauftragt das genannte Büro ein deutsches Versicherungsunternehmen oder Regulierungsbüro mit der Regulierung des Schadens.

2. Unfall im Ausland

 

Rz. 301

Die 4. KH-Richtlinie[321] regelt die Abwicklung des Straßenverkehrsunfalls, den ein Geschädigter im Ausland erleidet. Die durch die 4. KH-Richtlinie eingeführte Institution des Schadenregulierungsbeauftragten ist zuständig für Straßenverkehrsunfälle, die sich im jeweiligen Ausland zugetragen haben. Insoweit unterscheidet sich diese Institution vom "Grüne-Karte-System". Anfragen zur Benennung des Schadenregulierungsbeauftragten nach Namen und Adressen sind zu richten an den Zentralruf der Autoversicherer. Gem. der 4. KH-Richtlinie ist eine Drei-Monats-Frist eingeführt. Innerhalb dieser Frist muss der Schadenregulierungsbeauftragte bzw. das Versicherungsunternehmen tätig werden.

 

Rz. 302

Eine weitere Besonderheit gilt bei einem Unfall im EU-Ausland: Der Geschädigte kann einen nach nationalem Recht gegen den ausländischen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer gegebenen Direktanspruch an seinem Wohnsitz im Inland gerichtlich verfolgen, soweit der gegnerische VR seinem Firmensitz innerhalb der EU hat. Dies entspricht der Auslegung der Art. 9, 11 Abs. 2 EUGVVO durch den BGH[322] und den EuGH.[323] Eine solche Inlandsklage ist für den Geschädigten mit Vorteilen, aber auch erheblichen Nachteilen verbunden.[324] Die Klage kann am Wohnsitz des Geschädigten nur gegen den ausländischen VR eingereicht werden.

[321] Richtlinie 2000/26/EG v. 16.5.2000 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG, ABl EG Nr. L 181, 65.
[322] BGH NJW 2007, 71.
[323] EuGH v. 13.12.2007 – C 463 7/06.
[324] Im Einzelnen: Nugel, zfs 2008, 309 ff.

3. Eingreifen der Entschädigungsstelle

 

Rz. 303

Auf Antrag des Geschädigten kommt das Eingreifen der eingerichteten Entschädigungsstelle in Betracht. Dies ist der Fall,

wenn kein Schadenregulierungsbeauftragter benannt ist,
wenn der Schadenregulierungsbeauftragte bzw. das Versicherungsunternehmen nicht innerhalb der Drei-Monats-Frist eine mit Gründen versehene Antwort erteilt hat,
wenn das Fahrzeug nicht ermittelt werden kann oder
wenn der verantwortliche VR nicht binnen zweier Monate nach dem Unfall ermittelt werden kann.

Werden die Ersatzansprüche des Geschädigten gegenüber der Entschädigungsstelle geltend gemacht, so sind neben der Darlegung der Haftungsvoraussetzungen auch die formalen Voraussetzungen für das Eingreifen der Entschädigungsstelle darzulegen.

Die Aufgaben der Entschädigungsstelle i.S.d. Art. 6 und 7 der 4. KH-Richtlinie werden in Deutschland gem. § 13a PflVG durch die "Verkehrsopferhilfe e.V." wahrgenommen. Auch in diesem Fall ist zu vergegenwärtigen, dass Ansprüche von Geschädigten, die einen Unfall im Ausland erlitten haben, durch die Entschädigungsstelle nach fremdem Recht zu regulieren sind.

Zu beachten ist, dass der Schadenregulierungsbeauftragte in einem gerichtlichen Verfahren nicht passivlegitimiert ist. Der Geschädigte muss also grds. gegen den VR oder den Geschädigten im Unfallland bzw. im Sitzland vorgehen. Er kann also nicht unmittelbar den Schadenregulierungsbeauftragten verklagen.

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