I. Typischer Sachverhalt

 

Rz. 277

Der Kraftfahrer K, der unter einer BAK von 1,2 ‰ steht, stößt in einem durch LZA gesicherten Kreuzungsbereich mit einem links abbiegenden Fahrzeug, das vom Gegner G gelenkt wird, zusammen. Beide Fahrer sowie die im Fahrzeug des K mitfahrende Ehefrau F werden verletzt, an beiden Fahrzeugen entsteht erheblicher Sachschaden.

G behauptet, er habe abbiegen können und darauf vertrauen können, dass K anhalten werde, weil auch schon andere in gleicher Fahrtrichtung parallel fahrende Fahrzeuge abgebremst und angehalten hätten.

Gegen K wird daraufhin ein Ermittlungs- bzw. Strafverfahren geführt wegen Straßenverkehrsgefährdung infolge Trunkenheit.

K will vom Gegner und seiner Versicherung Schadensersatz mit der Behauptung, er sei bei Grün in den Kreuzungsbereich eingefahren. Der Anspruch wird klageweise geltend gemacht, während G im Wege der Widerklage den ihm entstandenen Schadensersatz geltend macht.

Die Haftpflichtversicherung des K, die schließlich den überwiegenden Teil des Schadens des G ersetzt, nimmt bei K Regress.

Im Übrigen will K bei der zu seinen Gunsten bestehenden Vollkaskoversicherung Versicherungsleistungen geltend machen mit der Begründung, die bei ihm festgestellte BAK sei nicht ursächlich gewesen für den Unfall.

Die bei dem Unfall erheblich verletzte Ehefrau F des K macht Schadensersatzansprüche geltend gegen die zugunsten des Fahrzeuges des K bestehende Haftpflichtversicherung.

Denkbar ist auch die Fallgestaltung, dass K sich auf einer Dienstfahrt befindet, sei es mit seinem eigenen Fahrzeug oder mit dem Fahrzeug seines Arbeitgebers.

 

Rz. 278

Bei der Beratung und Interessenvertretung des K sind verschiedene Probleme zu beachten und zu klären:

Interessenkollision bei Verteidigung des K und gleichzeitiger Interessenvertretung der Ehefrau F gegen die Haftpflichtversicherung des K oder gegen G oder dessen Haftpflichtversicherung.
Frage der Unabwendbarkeit und mögliche Haftungsverteilung entsprechend der Beweislage.
Schadensersatzansprüche der Ehefrau F gegen ihren Ehemann K und/oder gegen dessen Haftpflichtversicherung oder gegen die Haftpflichtversicherung des Gegners G.
Entfallen der Regressansprüche aufgrund fehlender Ursächlichkeit der festgestellten BAK von 1,2 ‰ für das Unfallgeschehen.

II. Mandatsannahme/Checkliste

 

Rz. 279

Schon bei der Annahme des Mandates in einer verkehrsrechtlichen Angelegenheit, speziell Schadensersatzangelegenheit, sind zahlreiche Aspekte zu klären. Dies beginnt mit der Prüfung der Interessenkollision, der Annahme des Mandates, Klärung des Mandatsverhältnisses/Umfanges, der Haftungsvoraussetzungen sowie der in Betracht kommenden Sach- und Personenschadenpositionen. Schließlich sind auch versicherungsrechtliche Aspekte zu beachten.

Am sichersten ist ein Überblick über alle Aspekte des verkehrsrechtlichen Mandates anhand einer Checkliste zu gewinnen.

 

Rz. 280

Checkliste: Mandatsannahme und Mandatsabwicklung für außergerichtliche Geltendmachung und Kraftschadenprozess

A. Prüfung Interessenkollision

I. Mandant/Auftraggeber

Halter
Fahrer
Insasse/Beifahrer
Leasinggeber
Leasingnehmer
Sonstige Betroffene, z.B. Anspruchsteller für Unterhaltsschaden oder Haushaltsführungsschaden
Arbeitgeber/Dienstherr

B. Annahme des Mandates

I. Mandatsannahme für

Halter
Evtl. Leasinggeber/Leasingnehmer
Fahrer
Sonstige Geschädigte

II. Entgegennahme der Vollmacht

Mandant selbst

Gesetzlicher Vertreter

bei Minderjährigen
Bestellung Betreuer
Speziell: Vertretungsvollmacht bei Unternehmen, gesetzlicher Vertreter

C. Gegenstand und Umfang des Mandats

I. Klärung des Mandatsgegenstandes

Geltendmachung von Haftpflichtansprüchen gegen

Schädiger
Haftpflicht
Dritte

Ansprüche gegen eigene Fahrzeugversicherung

Teilkasko
Vollkasko
Evtl. Abrechnung nach Differenztheorie

D. Beratung zur Abwicklung des Mandates

I. Information über Abwicklung der Schadenangelegenheit durch Mandanteninformation

II. Klärung spezieller Besonderheiten des Schadenvorganges

III. Information speziell zum Unfall im Ausland

E. Evtl. notwendige Eilmaßnahmen zur Beweissicherung

I. Klärung der Verkehrssituation

II. Straßenverhältnisse

III. Sonstige Unfallursache

IV. Begutachtung der beteiligten Fahrzeuge

V. Feststellung/Dokumentation von Verletzungen (Primärverletzungen)

VI. Ermittlungen zur Schadenhöhe

F. Speziell: Unfall mit Auslandsberührung

I. Unfall im Inland mit Ausländer, Geltendmachung der Ansprüche gegen

Deutsches Büro Grüne Karte e.V.
Garantiefonds/Verkehrsopferhilfe (VOH), z.B. bei nicht ermitteltem ausländischem Fahrzeug

II. Unfall im Ausland, speziell Regulierung gem. 4. KH-Richtlinie

G. Klärung der Haftungsvoraussetzungen

I. Haftung aus § 7 StVG

II. Haftung aus unerlaubter Handlung, §§ 823 ff. BGB

Speziell: Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Sonstige Haftungstatbestände (z.B. Tierhalterhaftung)

III. Klärung der Haftungsquote

Quotierung nach § 17 StGB
Mitverschulden § 254 StGB

IV. Speziell: Anspruch des Beifahrers/Insassen bei (Allein-)Verschulden des Fahrers

H. Belehrung über Schadensminderungspflichten

I. Allgemeines...

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