Rz. 48

Das Verteidigerverhältnis wird durch einen zivilrechtlichen Vertrag begründet, zur Legitimation bedarf es grundsätzlich keiner schriftlichen Vollmacht, Handlungen des Verteidigers sind daher auch ohne Vorlage einer schriftlichen Vollmacht wirksam.[80] Legt z.B. der bevollmächtigte Verteidiger rechtzeitig Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ein, ist dieser auch dann wirksam, wenn der Verteidiger erst nach Ablauf der Einspruchsfrist eine Bevollmächtigung nachweist.[81]

Neben dieser allgemeinen Verteidigervollmacht gibt es die sog. Erklärungsvollmacht des § 234 StPO. Diese Erklärungsvollmacht erlaubt es dem Verteidiger Erklärungen für den Angeklagten/Betroffenen abzugeben. Eine solche Erklärungsvollmacht i.S.d. § 234 StPO muss dem Gericht bei Beginn der Verhandlung[82] schriftlich vorgelegt werden, damit persönliche Verfahrensrechte an Stelle des Angeklagten/Betroffenen wahrgenommen werden können, z.B. bei der Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen gem. § 73 Abs. 2 OWiG.[83]

Es ist streitig, ob der Verteidiger einen solchen Entbindungsantrag gem. § 73 Abs. 2 OWiG noch zu Beginn der Hauptverhandlung stellen kann. Es empfiehlt sich daher, bereits vor Beginn der Hauptverhandlung einen schriftlichen Entbindungsantrag unter Bezugnahme auf die schriftlich abgereichte Erklärungsvollmacht des Verteidigers gem. § 73 Abs. 2 OWiG zu stellen.

 

Rz. 49

Der Verteidiger, dessen schriftliche Vollmacht sich in den Akten befindet, ist gem. § 51 Abs. 3 OWiG zustellungsbevollmächtigt. Erforderlich ist jedoch, dass die Zustellung an den Anwalt erfolgt, der sich zum Verteidiger bestellt hat.

Gem. § 178 ZPO kann die Zustellung auch an einen Vertreter, z.B. an das Büropersonal in den Geschäftsräumen der Anwaltskanzlei erfolgen.

Liegt eine schriftliche Vollmacht des Verteidigers nicht vor und erfolgt eine förmliche Zustellung an den Betroffenen selbst nicht, so ist eine Zustellung an den Verteidiger unwirksam. Dies hat zur Folge, dass ein so zugestellter Bußgeldbescheid keine verjährungsunterbrechende Wirkung hat.[84]

Ladungen für den Mandanten können dem Verteidiger nur dann zugestellt werden, wenn eine entsprechende Vollmacht dies ausdrücklich vorsieht.[85]

[80] OLG Braunschweig DAR 1992, 392; OLG Karlsruhe NStZ 1983, 43 bzgl. der Untervollmacht.
[81] OLG Düsseldorf NStZ 1982, 11.
[82] OLG Düsseldorf zfs 2004, 42.
[83] OLG Zweibrücken NZV 1994, 372.
[84] OLG Düsseldorf DAR 2004, 41; AG Düren zfs 2004, 282; siehe insb. auch OLG Hamm v. 27.11.2003, DAR 2004, 105.
[85] BayObLG NZV 2004, 155.

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