Rz. 251

Das Vollstreckungsrecht sieht aber auch für den Normalgläubiger eine Reihe von ­Möglichkeiten vor, unter bestimmten Vorsetzungen den Vollstreckungszugriff zu erweitern.

 

Rz. 252

Insbesondere soll auf die nachstehenden Möglichkeiten hingewiesen werden:

Antrag nach § 850c Abs. 4 ZPO auf Unberücksichtigtlassen eines Unterhaltsberechtigten: Besitzt der Unterhaltsberechtigte eigenes Einkommen kann er auf Antrag durch das Vollstreckungsgericht als ganz oder teilweise unberücksichtigt erklärt werden mit der Maßgabe, dass sich der pfändbare Betrag dadurch erhöht. Dieser Antrag ist jedoch nur zu stellen, wenn es sich um gesetzliche Unterhaltsverpflichtung handelt und der Schuldner auch tatsächlich Unterhalt leistet. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, so würde diese "Unterhaltsverpflichtung" nach dem Gesetz schon keine Bedeutung für die Berechnung des pfändbaren Betrages haben. Bei Unstimmigkeiten mit dem Drittschuldner könnte ein klarstellender Beschluss gem. § 850c Abs. 3 letzter Satz ZPO beantragt werden. Ob ein Einkommen für den Unterhaltsberechtigten ausreicht soll das Gericht nach billigen Ermessen bestimmen, zumindest wenn der Grundfreibetrag des § 850c Abs. 1 ZPO von derzeit 1.028,98 EUR erreicht ist, bleibt der Unterhaltsberechtigte ganz unberücksichtigt.
Antrag nach § 850e Nr. 2 und Nr. 2a ZPO auf Zusammenrechnung mehrere Arbeitseinkommen oder von Arbeitseinkommen und Sozialleistungen: Hier wird der Schuldner so behandelt als hätte er nur ein Einkommen und der Pfändungsfreibetrag wird dann nach der Tabelle zu § 850c ZPO bestimmt. Mit dieser Vorschrift soll verhindert werden, dass der Schuldner z.B. zwei Einkünfte von 1.000,00 EUR hätte, die beide für sich unpfändbar wären.
Antrag nach 850f Abs. 2 ZPO: Auch der sogenannte Deliktsgläubiger wird in Zwangsvollstreckung auf Antrag "privilegiert". Hierzu bedarf es jedoch der Feststellung, dass die Forderung aus einer vorsätzlich unerlaubten Handlung (z.B. Diebstahl) resultiert. Das Privileg sollte daher bereits im Vollstreckungstitel festgestellt worden sein. Da im gerichtlichen Mahnverfahren eine Anspruchsüberprüfung nicht stattfindet, kann mit einem Vollstreckungsbescheid niemals ein solcher Nachweis erbracht werden. Wurde das Privileg im Titel nicht festgestellt, so muss der Gläubiger ggf. die vorsätzlich unerlaubte Handlung durch ein Feststellungsurteil nachweisen oder der Schuldner stimmt in einer Urkunde der verschärften Pfändung zu. Der BGH hat ausdrücklich eine Prüfungskompetenz des Vollstreckungsgerichts verneint (vgl. BGH, ZVI 2003, 301). Liegt eine Forderung aus vorsätzlich unerlaubter Handlung vor, so entscheidet das Vollstreckungsgericht über den erweiterten, verschärften Zugriff auf das Arbeitseinkommen nach billigem Ermessen und orientiert sich dabei an die Notbedarfssätzen des Unterhaltsgläubiger gem. § 850d ZPO. Neben den notwendigen Bedarf ist dem Schuldner aber auch der Betrag zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen zu belassen.

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