Rz. 224

Das Arbeitseinkommen dient grundsätzlich dem Schuldner dazu seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und unterliegt daher besonderen Vollstreckungsschutzvorschriften. Der Gesetzgeber will dadurch verhindern, dass der Schuldner aufgrund der Pfändung Sozialhilfe beziehen muss, um seinen Unterhalt zu bestreiten, ferner soll er weiterhin auch Interesse daran haben, seiner Arbeit weiterhin nachzugehen.

 

Rz. 225

Der Begriff des Arbeitseinkommen ist dabei weit zu fassen: Hierunter versteht man sämtliche Vergütungen aus Dienst- und Arbeitsverhältnissen unabhängig,

ob sie aus einer Haupt- oder Nebenbeschäftigung stammen,
ob sie privat- oder öffentlich-rechtlicher Natur (z.B. Beamte) sind aber
auch Sach- und Dienstbezüge, die der Arbeitnehmer als Entgelt erhält (z.B. Dienstwagen oder Dienstwohnung).
 

Rz. 226

Gemäß § 832 ZPO werden mit der Pfändung nicht nur das fällige Arbeitseinkommen, sondern auch zukünftig Einkommen gepfändet, so lange bis die Gesamtforderung ­einschließlich Zinsen und Kosten getilgt sind oder das entsprechende Arbeitsverhältnis endet.

 

Rz. 227

Begründet der Schuldner bei einem neuen Arbeitgeber ein neues Arbeitsverhältnis, so muss man ggf. dort erneut das Arbeitseinkommen pfänden. Wenn der Schuldner allerdings mit seinem alten Arbeitgeber innerhalb von neun Monaten ein neues Arbeitsverhältnis begründet (z.B. bei Saisonarbeitern), so wird sein neues Arbeitseinkommen gem. § 833 Abs. 2 ZPO von der ursprünglichen Pfändung mit umfasst.

 

Rz. 228

Das Arbeitseinkommen wird hinsichtlich der Pfändung in drei Teile unterteilt:

1. absolut unpfändbare Bezüge § 850a ZPO,
2. bedingt pfändbare Bezüge § 850b ZPO und
3. allgemein pfändbare Bezüge § 850c ZPO (wobei hierin jedoch auch der Pfändungsfreibetrag enthalten ist).
 

Rz. 229

Aus sozialen Gründen bzw. auf Rücksicht auf die Zweckgebundenheit hat der Gesetzgeber in § 850a ZPO Vergütungsteile für absolut unpfändbar erklärt und somit der Pfändung insgesamt entzogen. Die in § 850a ZPO enthaltende Aufzählung ist dabei abschließend und kann nicht durch Auslegung erweitert werden. Insbesondere gehören zu den absolut unpfändbaren Bezüge:

die Hälfte der Überstundenvergütung,
Aufwandsentschädigungen für auswärtige Beschäftigungen (z.B. Verpflegungsmehraufwand bei Flugbegleitern), soweit diese den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen,
Weihnachtsgratifikation bis zur Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, maximal jedoch 500,00 EUR.
 

Rz. 230

 

Gesetzestext:

§ 850a ZPO Unpfändbare Bezüge

Unpfändbar sind

1. zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens;
2. die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treugelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
3. Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
4. Weihnachtsvergütungen bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 EUR;
5. Heirats- und Geburtsbeihilfen, sofern die Vollstreckung wegen anderer als der aus Anlass der Heirat oder der Geburt entstandenen Ansprüche betrieben wird;
6. Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge;
7. Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen;
8. Blindenzulagen.
 

Rz. 231

In § 850b ZPO sind hingegen bedingt pfändbare Bezüge geregelt, die solange als unpfändbar gelten, wie sie nicht vom Vollstreckungsgericht für pfändbar erklärt worden sind.

Hierunter fallen insbesondere

Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind sowie
Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zum wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden.

Die Liste des § 850b ZPO ist auch abschließend und kann nicht durch Auslegung erweitert werden.

 

Rz. 232

 

Gesetzestext:

§ 850b Bedingt pfändbare Bezüge

(1) Unpfändbar sind ferner

1. Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;
2. Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
3. fortlaufende Einkünfte, die ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst aufgrund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten oder aufgrund eines Altenteils oder Auszugsvertrags bezieht;
4. Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 3.579 EUR nicht übersteigt.

(2) Diese Bezüge können nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegl...

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