Rz. 511
Beispiel: Herausgabe des Titels
Mandant M hat die titulierte Forderung vollständig an die Gläubigerin G bezahlt. Seit der Zahlung sind vier Wochen vergangen, ohne dass die Gläubigerin den entwerteten Schuldtitel übersandt hat. Um eine spätere Vollstreckung zu vermeiden, besteht M auf die Herausgabe des Titels. Was ist zu tun?
Rz. 512
In der Praxis kommt es immer wieder einmal vor, dass der Schuldtitel trotz Begleichung nicht herausgegeben wird, insbes. wenn die Gegenseite nicht anwaltlich vertreten ist.
Rz. 513
Wurde die Forderung direkt beim Gerichtsvollzieher vollständig bezahlt, so hat der Gerichtsvollzieher gem. § 757 Abs. 1 ZPO die vollstreckbare Ausfertigung nebst einer Quittung an den Schuldner auszuliefern, teilweise Zahlungen sind auf der vollstreckbaren Ausfertigung zu vermerken.
Rz. 514
Diese Vorschrift gilt jedoch nur für den Gerichtsvollzieher nicht für den Gläubiger selbst. Eine Herausgabevorschrift für den Gläubiger wird man auch nicht in der ZPO finden.
Ein entsprechender Herausgabeanspruch des Schuldners ergibt sich jedoch aus § 368 BGB. Der Schuldner hat grds. nach Leistungserbringungen einen Anspruch auf Quittierung. Diese muss schriftlich erfolgen. Sollte der Schuldner jedoch ein rechtliches Interesse an einer anderen Form haben, so kann er die Erteilung in dieser Form verlangen.
Rz. 515
Besteht bereits ein vollstreckbarer Schuldtitel, so hat der Schuldner ein zu bejahendes rechtliches Interesse an der Quittung auf der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels (sog. Entwertung).
Rz. 516
Die Aushändigung bzw. Quittierung muss jedoch nicht automatisch durch den Gläubiger erfolgen, da er eine Verpflichtung hierzu erst nach Verlangen hat.
Der Gläubiger sollte daher schriftlich (ggf. gegen Nachweis) zur Herausgabe des Vollstreckungstitels aufgefordert werden.
Rz. 517
Ein mögliches Aufforderungsschreiben könnte im vorliegenden Fall wie folgt aussehen.
Muster 5.19: Aufforderungsschreiben Herausgabe Titel
Muster 5.19: Aufforderungsschreiben Herausgabe Titel
per Einschreiben
_________________________
Gläubigerin G
(Anschrift)
Mandant M ./. Gläubigerin G
Forderung
Sehr geehrte Frau Gläubigerin G,
in oben bezeichneter Angelegenheit hatten Sie aus dem Urteil des _________________________-gerichts vom _________________________ zum Aktenzeichen _________________________ gegenüber meinem Mandanten eine Forderung von _________________________ EUR.
Mein Mandant hat zwischenzeitlich die vollständige Forderung an Sie bezahlt.
Wir bitten daher um Herausgabe des entwerteten Schuldtitels zu unseren Händen. Ferner möchten wir Sie darauf hinweisen, dass Sie hierzu gem. § 368 BGB verpflichtet sind und sehen einer Übersendung innerhalb der nächsten zwei Wochen bis spätestens
_________________________ (konkretes Datum) |
entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Rz. 518
Für dieses Schreiben gibt es jedoch keinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch gegen die Gläubigerin, da die Verpflichtung zur Aushändigung des Schuldtitels erst mit dem ersten Verlangen in Form unseres Schreibens entstanden ist.
Rz. 519
Sollten alle vorgerichtlichen Bemühungen nicht fruchtbar sein, so müsste der Herausgabeanspruch des Schuldners gegenüber der Gläubigerin im Wege einer Herausgabeklage durchgesetzt werden.
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